[99] Longinus, Pausanias; Apelles von links.
APELLES nach links zurückblickend, erleichtert.
Nun schläft sie, friedlich.
Tritt vor, sieht Pausanias. Zusammenschreckend.
Du noch hier? Du wartest? –
Und wo blieb Phöbe?
PAUSANIAS hinausdeutend.
Fort. – Um diesen Preis
Kannst du die alte Frau da drin behalten.
Hält ihm den Brief hin. Apelles nimmt, blickt hinein; der Brief zittert in seiner Hand.
APELLES schreit auf.
Fort mit Septimius!
PAUSANIAS nickt.
Fort.
LONGINUS.
Was ist geschehn?[99]
APELLES.
Freust du dich, Unhold? – Mir entflohn! Mich feig
Verlassen! treulos! – –
Mit bebender Stimme.
Doch mein Leben fort,
Mein Glück, mein Rausch! – Mein Licht- und Musenkind –
Ihr Weinen war Gesang, ihr Lachen Wonne;
Ihr Geist so hold, ihr Herz für jede Güte
Geschaffen – – nur für Mut und Treue nicht.
Sie fahre hin!
Mit Gebärde.
Heraus aus dieser Brust –
Das zuckende Herz mit ihr, und Blut und Leben!
Wirft sich auf einen Sessel; verbirgt sein Gesicht. – Longinus tritt nach einer Weile zu ihm, legt ihm stumm die Hand auf die Schulter. Apelles hebt langsam den Kopf; blickt auf den unbeweglich dastehenden Pausanias.
Fragt mich dein steinernes Auge, blasser Geist,
Ob diese wunde Brust nun noch begehrt,
Endlos zu atmen und den Tag zu schaun? –
Ja; deinem Auge trotz' ich. Denke nicht,
Ich könnte wanken, zagen! Dir ins Antlitz
Ruf' ich das Leben wieder, halt' es fest –
Und wie Antäos an der Mutter Erde
Richt' ich mich stärkend auf an seiner Brust.
Ja, ringen, schaffen wil ich, Schweiß im Antlitz
Und Sieg im Herzen, und des Mannes Wert,
Des Lebens Wert bezeugen und behaupten!
LONGINUS der verwundert horchte.
Wohl dir; doch wen beschwörst du so? Was rufst du
So feierlich ihn an? Den Arzt –[100]
APELLES faßt sich. Lächelnd.
Mein Geist
Ging irre, scheint es. Schreck und Weh ... Nun wach' ich.
Zu Pausanias.
Wie sagtest du? Um diesen Preis kann ich
Die alte Frau behalten. Wohl; das will ich
Das sei mein erster Trost! – Komm, Philosoph;
Laß uns zur Mutter gehn.
PAUSANIAS während die beiden gehen, mit gedämpfter Stimme.
Wir sehn uns wieder.
Der Vorhang fällt.
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