Aetzfarben [2]

[6] Aetzfarben. Das Aetzen der fertigen Farben hat in neuerer Zeit eine wesentliche Verbesserung und Vereinfachung erfahren.

Für das Aetzen von Indigofärbungen wie auch von Färbungen mit Indanthrenfarbstoffen hat das von Reinking und Holt aufgefundene Leukotropverfahren [1] praktische Bedeutung erlangt. Es beruht auf dem Umstande, daß die durch Formaldehydsulfoxylate entgehenden Leukoverbindungen indigoider und Indanthren-Farbstoffe unter dem Einflusse von zugesetzten Ammoniumverbindungen (Dimethylphenylammoniumchlorid [Leukotrop O]) in gegen Luft und Feuchtigkeit haltbare, zum großen Teil gelbgefärbte Verbindungen übergeführt werden. Und zwar handelt es sich dabei um die Bildung eines Indigoweißderivates. Beim Dämpfen spaltet sich die Ammoniumverbindung in ihre Komponenten, und je nach den Bedingungen wird dann das eine oder werden beide Wasserstoffatome im Chromogen der Leukoverbindung des Küpenfarbstoffes durch Alkarylgruppen ersetzt, während der basische Teil der Ammoniumverbindung sich an der Reaktion nicht beteiligt. Das Indigoweißderivat ist noch echter, wenn die Reaktion bei Gegenwart eines Schwermetalls, am besten Zink, ausgeführt wird. Bei Verwendung von tertiären Aminen mit Benzylchlorid wird stets ein gelber Körper erhalten, es läßt sich so also nur eine Buntätze durchführen, während beim Thioindigo ein farbloser, in heißem Wasser löslicher Körper erhalten wird, also eine Weißätze durchführbar ist. Letztere läßt sich bei allen Küpenfarbstoffen unter Verwendung von Benzylchloridsulfosäure erreichen. Das Leukotrop W gestattet ein sehr betriebssicheres Weißätzverfahren.

Das Aetzen der auf der Faser erzeugten unlöslich en Azofarben wie auch der direkten Baumwollfarbstoffe (Salzfarben) geschieht heute wohl fast nur noch mit Hilfe der Hydrosulfitätzen (Rongalit C, Hydrosulfit NF, Hydralit C extra), nachdem sich gezeigt hat, daß anscheinend indifferente, katalytisch wirkende Zusätze geringer Mengen von reduzierbaren und leicht reoxydabelen organischen Verbindungen wie Anthrachinon (mit wenig Natronlauge [Sünder]), Indulinscharlach, Patentblau, Rodogen MLB zur Druckfarbe die ätzende Wirkung wesentlich begünstigen [2].


Literatur: [1] Zeitschrift für angewandte Chemie 1910, S. 1275; Lehnes Färberztg. 1910, S. 25, 243. – [2] Lehnes Färberztg. 1908, S. 9, 98.

R. Möhlau.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 6.
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Lueger-1904: Aetzfarben [1]