Fünfundvierzigste Geschichte

[40] geschah: Es fragten die Talmidim (Schüler) ihren Rabbi Ade bar Ahawe: »Lieber Rabbi, sag du uns, womit hast du so lang gelebt?« Sie meinten es also: »was für ein Gutes hast du dein Tag getan, daß dir der Heilige, gelobt sei er, deine Tag so derlängt hat?« Denn er war gar alt geworden. Da sprach er wider: »Ich hab all mein Tag nit gezürnt in meinem Haus un bin nit gegangen köstlicher als ich bin, un hab auch nicht gedacht Thauroh an einem Ort, der unrein is gewesen, un ich bin nie ohne Thauroh un ohne Tefillin (Gebetriemen) vier Ellen gegangen, Un hab nit geschlafen im Bethhamidrasch (Lehrhaus), es sei gewesen ein rechter Schlaf oder ein ungefährlicher Schlaf, un ich hab mich nit gefreut, wenn es meinem Chawer (Nächsten) is übel gegangen, un hab all mein Tag keinen mit keinem Zunamen (Schimpfnamen) gerufen. Das sind die guten Werke, die ich getan hab.«

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 40.
Lizenz:
Kategorien: