Hundertachtundfünfzigste Geschichte

[160] geschah: Die Chachomim (Weisen) haben auf Schammai hasoken gesagt: »Alles, was er hat gegessen, hat er zu Ehren des Schabbes gegessen.« Wenn er hat gefunden eine hübsche Beheme (ein schönes Vieh) hat er gesagt, das soll auf Schabbes sein. Un wenn er dernach nun eine bessere Beheme hat bekommen, so hat er gesagt: »Nun will ich die erste schächten un will die andere auf Schabbes[160] halten.« Damit, was er gessen hat, is als gewesen dem Schabbes zu ehren. Un Hillel hasoken (der alte) hat nun eine andere Mide (Eigentümlichkeit) an sich gehabt. All seine Maaßim (Werke) sind als leschem Schomajim (um Himmels willen) gewesen, denn er hat sich allzeit auf Gott verlassen, daß er ihm eine gute Beheme wird auf Schabbes bescheren. Oder wenn er sonst was gekauft hat, hat er sich allzeit auf Gott verlassen, der wird ihm eppes bescheren, alswie der Posuk (die Schrift) geht: »Gelobt sei Gott, der da beschert alle Tage.« Un wir haben auch gelernt Beth Schamai (das Haus Schamai) sagt: »Von einem Tag in der Wochen, das meint von Sonntag an, soll er allzeit auf Schabbes kaufen. Un wenn er wird beschert kriegen, soll er das erste essen un das andere auf Schabbes halten.« Weiter sagt Rabbi Jojsse von wegen Rabbi Schimen ben Jochai: »All die Mizwes (Gebote), die Gott an Iisroel hat gegeben, die hat er all gegeben offenbarlich.« Sonder allein den Schabbes hat er Iisroel heimlich gegeben, wie der Posuk (Vers) schreibt: »Gott sagt, es is ein Zeichen, der Schabbes zwischen mir un meinen Kindern Jisroel zu Verhehlung.« Das meint, es is verhehlt vor andern Völkern. Neiert Iisroel wissen es. Da frägt die Gemore: »Wenn die Völker nit wissen, daß wir den Schabbes haben, warum sollen sie denn hintennach ihre Strafe darüber müssen leiden, um daß sie den Schabbes nit halten?« Da antwortet die Gemore wieder: »Sie wissen wol, daß wir den Schabbes haben, un dasselbige is nit verhohlen vor ihnen. Derhalben werden sie gestraft werden. Nur mehr der Lohn von dem Schabbes, das is vor ihnen verhohlen.« Dernach hat auch ein Benodom (ein Menschenkind) am Schabbes eine (zweite) übrige Neschome (Seele) mehr als sonst in der Wochen, welches man wol bemerken kann. Er sagt Rabbi Schimen ben Lokisch: »Eine übrige Seele hat der Heilige, gelobt sei er, auch den Menschen am Erew Schabbes (Freitag) gegeben.« Un so bald als Schabbes ausgeht, so nimmt der Heilige, gelobt sei er, die Seele wieder, wie der Posuk sagt: Wer den Schabbes ausgeruht hat, dem geht die übrige Seele wieder weg. Darum schmecken (riechen) wir am Moze Schabbes (Schabbes Ausgang) an den Bsomim (Gewürz), weil die Seele von ihm gehen will, daß er wieder Kraft bekommen soll. Darum, wenn man den Schabbes recht hält, so kriegt man einen guten Lohn un auch eine übrige Seele. Aber er soll es nit derhalben tun um Lohn dafür zu kriegen. Gleich unsere Chachomim haben gesagt: »Es soll nicht ein Mensch sein, alswie ein Knecht, der da dient seinem Herrn um Lohn. Neiert ein Mensch soll sein zu dem Heiligen, gelobt sei er, als ein Knecht, der seinem Herrn aus Liebschaft dient.« Un wenn der Mensch eine Mizwe (Guttat) tut, so soll er nit gedenken, der Heilige, gelobt sei er, soll es ihm auf der Welt bezahlen. Neiert er soll dem Heiligen, gelobt sei er, aus großer Liebschaft dienen. Denn der[161] Lohn kommt allezeit von sich selber. Wenn aber einer den Schabbes nit recht ehrt, so krigt er die übrige Neschome (die zweite Seele) nit, un kann auch nit ruhen, wie die Gemore weiter sagt: Wenn der Mensch am Freitag zunacht aus der Schul geht, in sein Haus, so gehen mit ihm zwei Engel heim. Un wenn die Engel finden, daß die Licht hübsch brennen un der Tisch hübsch zubereitet is, so sagt der gute Engel, den andern Schabbes soll es wieder so stehn. So muß der andere Engel omen drauf sagen, un das gegen sein Denken, denn derselbige is ein böser Engel. Wenn es aber umgekehrt is, daß die Licht nit sollen brennen, un der Tisch nit wol gerichtet, wie er sein soll, so sagt der böse Engel, es soll den andern Schabbes wieder so stehn, un muß der gute Engel auch gegen sein Denken omen sagen. Derhalben soll ein jeglicher Mensch den Schabbes ehren auf das allerbeste das er kann: mit gutem Fisch un mit gut Fleisch un mit gutem Wein. Da beschert ihm der Heilige, gelobt sei er, das Doppelte wieder. Un er is auch würdig, daß er wieder kriegt die übrige Seele, un daß er kann wol ruhen un rasten. Denn die Gemore sagt: Welcher (wer) auf den Schabbes viel borgt, das meint, er gibt auf den Schabbes viel aus, so bezahlt ihn der Schabbes wieder, un der Heilige, gelobt sei er, beschert ihm viel mehr, daß er den andern Schabbes auch kann wieder ehrlich halten un mit Frieden lassen alten.

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 160-162.
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