Warum die Hyäne ein buntes Fell hat

Warum die Hyäne ein buntes Fell hat.
Haussafabel.

[196] Der Schakal war einst auf Fischfang gegangen und hatte einen großen Vorrat großer und kleiner Fische gefangen. Davon aß er, bis er gesättigt war; dann sprach er bei sich:

»Wer soll nun all die anderen Fische haben?«

Während er noch über diese Frage nachdachte, kam eine Hyäne des Weges.

»Schau, schau,« rief der Schakal, »du kommst gerade im rechten Augenblick, liebe Hyäne! Siehst du all diese Fische?« Sie gehören mir, und du kannst nach Herzenslust davon essen.

Die Hyäne – gierig wie alle ihrer Familie – ließ sich das gesagt sein und verzehrte in ihrer Gefräßigkeit den ganzen Vorrat. Das verdroß den Schakal, der ihr schweigend zusah. Inzwischen kam ein Perlhuhn geflogen, ließ sich auf einen nahen Baum nieder und sang mit lauter, aber unmelodischer Stimme:

»Kilkal, Kilkal!«

Die Hyäne hatte eben den letzten Fisch verschluckt, als sie des schön gesprenkelten Gefieders des singenden Vogels ansichtig wurde.

»Ach, wer doch auch solch herrlich geflecktes Fell hätte!« rief sie neidisch. »Schakal, weißt du nicht, wer diese bunten Sprenkel macht?«[197]

»Gewiß! Die mache ich,« entgegnete der Gefragte.

»O so schmücke mich,« bat sofort die eitle Hyäne.

»I warum denn nicht,« lachte der Schakal scheinbar gutmütig. »Nur mußt du mir zu der Arbeit ein scharfes Messer und etwas weiße Erde holen.«

Bereitwilligst trabte die Hyäne davon, um alsbald das Geforderte zu bringen. Von dem Zorn des Schakals wegen ihres gierigen Fressens hatte sie keine Ahnung. Sobald sie mit dem Messer und der Erde zurückgekehrt war, gebot ihr der Schakal, vor ihm niederzuknieen. Kaum hatte sie getan, wie ihr geheißen war, als der Schakal mit einer Hand ihren Kopf festhielt, auf ihren Rücken sprang und mit dem Messer tiefe Einschnitte in ihr Fleisch machte. Dabei sang er unaufhörlich:


»Du fraßest meine Fische, Fische, Fische;

ich rudre nun auf deinem Rücken, Rücken, Rücken!«


Endlich gelang es der Hyäne, sich loszureißen und mit ihrem blutgesprenkelten Fell davonzuhumpeln. Der Schakal aber lachte unbändig.

Quelle:
Held, T. von: Märchen und Sagen der afrikanischen Neger. Jena: K.W. Schmidts Verlagsbuchhandlung, 1904, S. 196-198.
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