Der Elefant und der Hase

[259] Es kam ein Häuptling, der ein Haus mit Stockwerken (wörtlich: Dächern) hatte. Er hatte eine Tochter. Ein Löwe und ein Elefant stellten sich ein, um diese von ihm zu fordern. Der Elefant bekam sie zur Frau, und der Löwe zog ab. Am Tage der Hochzeit rief der Häuptling alle seine Leute, abends kamen sie alle und die Jungen säuberten einen Weg. Da kam ein Hase, auf einem Esel reitend; er hatte ein Bein gebrochen, sodaß der Knochen darin wie eine Glocke lärmte. Er passierte durch eine Gasse, die von den jungen Mädchen des Orts gebildet ward. Diese sagten, der Hase ist doch ein schöner[259] Mann, während der Elefant dick und häßlich ist. Als man das Festmahl verzehrt hatte, ging man fort.

Im Innern des Hauses angekommen, rief der Elefant den Hasen, der auf seinem Esel kam. Der Elefant sagte: »Ich will deine Schönheit haben,« denn er glaubte, der Hase hätte eine Glocke bei sich. »Das ist bald geschehen,« sagte der Hase, »laß viel Feuerholz holen.« Man brachte viel davon. Der Hase holte seinen Zaubersack und that in das angezündete Feuer einen Nagel. Als dieser glühend war, ließ er den Elefant von vielen Leuten festhalten und trieb ihm den glühenden Nagel in den Körper ein. Als er schreien wollte, sagte er, er müsse still sein, denn er stecke die Glocke hinein. Darauf streute er Medikamente auf die Wunde und nahm die abgeschnittenen Stücke Fleisch mit. Morgen käme er, um andere Medikamente aufzulegen. Zu Hause angekommen, ließ er das Elefantenfleisch von seiner Frau kochen. Als den Elefanten seine Wunde sehr schmerzte, sandte er die Hyäne nach Medikamenten zum Hasen, den er beim Essen fand. Da dies der Hyäne behagte, sagte der Hase: »Auf jenem Berge kannst du viel solches Fleisch bekommen.« Dort aber tötete er sie in einer Steinfalle und brachte ihr Fleisch nach Hause.

Am nächsten Tage sandte der Vater der Braut einen Löwen und Leoparden, um den Zauberer zu holen, dem Löwen aber ging es so wie der Hyäne, der Leopard entfloh, fand aber zu Hause den Elefanten tot.

Beim Todesmahl für diesen kam auch der Hase; der Häuptling beschuldigte ihn des Todes seines Elefanten. Die Tochter wurde nun nicht wieder verheiratet. Der[260] Hase aber sagte, der Elefant habe selbst die Glocke gewollt, obgleich er gewußt, daß man im Körper keine Glocke hätte, sondern nur beim Schmied. Darauf gab der Häuptling seine Tochter dem klugen Hasen.

Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Geschichten und Lieder der Afrikaner. Berlin: Verein der Bücherfreunde, Schall & Grund, 1896, S. 259-261.
Lizenz:
Kategorien: