Der Nutzen des Trinkens.

[421] Es ist ein Sultan gewesen, welcher das Trinken verbieten wollte und der Sejhislam trank den Branntwein tüchtig und sagt zum Sultan: »Verbiete nicht das Trinken, weil du eine Sünde an dem Armen begehst.« Der Sultan fragt ihn: »Warum begehe ich eine Sünde?« Der Sejhislam sagt zu ihm: »Das Trinken ist der Trost des Armen, denn den Armen versieht es mit Geld, den Blinden mit Augen, den Lahmen mit Füssen.« Der Sultan sagt: »Es ist nicht möglich, dass diese Sache so sei.« Der Sejhislam sagt zu ihm: »Ich liefere dir selbst den Beweis und bleibe und schau aus Neugierde zu.« Der Sultan sagt zu ihm: »Liefere den Beweis, da ich sehen will, ob es wahr ist.«

Der Sejhislam erwartete es kaum, ihm den Beweis zu bringen, weil auch er gerne trank; rief er eines Abends drei Individuen herbei, einen Blinden, einen Lahmen und einen ganz Armen. Er führte sie in ein Zimmer, brachte ihnen Branntwein, dann setzte sich auch der Sejhislam mit ihnen zusammen und sie begannen zu trinken. Wie sie so tranken, wurden sie lustig. Der Lahme schenkte ihnen Branntwein zum Trinken ein. Der Blinde sagt zu ihm: »Fülle mir die Branntweinschale, denn ich sehe dich sehr gut, dass du mir dieselbe unvoll lässest.« Der Lahme sagt zu ihm: »Still, du Stockblinder, denn wenn du machst, dass ich mich auf meine Füsse stelle, versetze ich dir Fusstritte und töte dich.« Der Arme sagt zu ihm: »Steh auf und schlage zu und für so viel Geld als dir das Blut macht, bürge ich dir bis auf einen Parà.« Und als der Sultan dies hörte, da rief er den Sejhislam und sagte zu ihm: »Wahr ist die Sache gewesen und jedermann steht es frei zu trinken.«

Quelle:
Jarník, J. U.: Albanesische Märchen und Schwänke. In: Zeitschrift für Volkskunde in Sage und Mär [...] 2 (1890). Leipzig: Frankenstein und Wagner, S. 421-422.
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