[153] 50. Wettflug zwischen Storch und Kolibri

Man erzählt, daß der Kolibri sich zum Maguary-Storch gesellte.

»Schwager, wir wollen um die Wette fliegen!« sagte er zu ihm.

»Vorwärts! Aber hast du denn auch Kraft zum Fliegen?« antwortete ihm dieser.

»Ich habe Kraft.«

»Das werden wir sehen. Wann soll es denn sein?«

»Morgen früh.«

»Gut! Ich warte auf dich.«

Am anderen Morgen kam der Kolibri und gesellte sich zum Maguary.

»O, Schwager, was gibt's Neues?«

»Nichts von Bedeutung.«

»So wollen wir anfangen!«

Man sagt, daß alsdann der Maguary den Kolibri fragte:

»Wer fliegt zuerst? Gehe du; ich komme nach.«

Der Kolibri flog also davon und verschwand. Dann machte sich der Maguary auf. Kaum war der Kolibri bis in die Mitte des Flusses gekommen, da ermüdete er, fiel herab und trieb auf dem Wasser dahin. Gleich darauf kam der Maguary.[153]


50. Wettflug zwischen Storch und Kolibri

»O, Schwager, was gibt's Neues?«

»Nichts von Bedeutung. Ich bin müde.«

»Siehst du's?«

»O, Schwager, laß mich dein Steuer ergreifen!«

»Einverstanden! Setze dich auf meine Beine!«

Da stieg der Kolibri auf seine Beine.

»Nun vorwärts, Schwager!«

Man sagt, daß sie weiterflogen und mit Sonnenuntergang an das andere Ufer des Flusses kamen.

Quelle:
Koch-Grünberg, Theodor (Hg.): Indianermärchen aus Südamerika. Jena: Eugen Diederichs, 1927, S. 153-154.
Lizenz:
Kategorien: