[271] 99. Von dem Regenbogen, Opito

Es war einmal ein Mädchen, das war an den Fluß gegangen, und dort verschwand es. Nach einem Jahre kam es zurück und erzählte, sie habe im Wasser einen Mann getroffen und sei bei ihm geblieben. Sie holte Maniok und begab sich wieder an den Fluß. Nach zwei bis drei Jahren kam sie zurück. Nun hatte sie einen kleinen Knaben. Sie holte Maniok, um Chicha zu machen. Dann begab sie sich wieder an den Fluß zurück. Eines Tages kam sie wieder mit dem Knaben und ließ diesen bei ihrer Mutter und begab sich dann wieder weg. Zu der Mutter sagte sie, sie solle zusehen, daß der Knabe nicht weinte. Der Knabe wuchs bei der Großmutter auf.

Eines Tages weinte der Knabe, und da begann es zu regnen. Der Knabe wurde rot, gelb, grün, blau, ganz wie der Regenbogen, und dann trieb er das Wasser hinweg.

Wieder kam die Mutter und holte den Knaben. Nach einiger Zeit kam sie wieder, um Maniok zu holen, und da ließ sie den Knaben bei der Großmutter zurück. Sie sagte, sie solle zusehen, daß der Knabe nicht zu weinen anfinge. Eines Tages weinte er aber doch. Es regnete, und er bekam alle Farben des Regenbogens, Opito. Der Knabe trieb das Wasser hinweg. Er blieb immer noch bei der Großmutter.[271]

Eines Tages kam sein Vater und holte ihn und führte ihn zu einem Bach. Dort blieb er, und dort ist er noch. Er war bereits groß geworden.

Wenn der Regenbogen am Himmel erscheint, so ist es der Knabe, der aus dem Wasser aufsteigt und den Regen verjagt.

Quelle:
Koch-Grünberg, Theodor (Hg.): Indianermärchen aus Südamerika. Jena: Eugen Diederichs, 1927, S. 271-272.
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