Die Pelzleutchen zu Wteln.

[201] Der Meierhof zu Wteln ist jetzt noch eine Erinnerung alter Zeit, obzwar er neu erbaut ist. Fast jeder der Gegend weiß davon mancherlei zu erzählen. Dort trieben nämlich zwei Leutchen ihr Unwesen und geschah da manches Seltsame. Gegen Abend kam ein kleines Männchen, so groß als ein Kind von drei Jahren, mit einem Pelzröckchen bekleidet, weshalb man ihm den Namen Pelzmännchen gab, dieses jagte die Gänse aus dem Stalle und nachher in den großen Hofraum, bis sie nicht mehr athmen konnten und so die Schnäbel aufsperrten. Trafen die Gänse einen kleinen Fleck beim Schüttboden, so wars genug. Dann trieb es die Gänseheerde wieder zur Ruhe. Oft setzte es sich auf die Wagendeichsel, um zu schaukeln. – An der Einfahrt stand ein großer Wassertrog, an dem erschien manchmal Abends, besonders Samstag, ein ebenso kleines Weibchen, das Pelzweibchen, welches die ganze Nacht dort Wäsche wusch. Am Morgen verschwanden beide: übrigens waren sie harmlose Wesen. Mit dem Neubau des Gehöftes verloren sich die Leutchen auf immer. Noch leben Leute, die beide Wesen oft gesehen und darüber gelacht haben. So ist dies Alles den Erzählungen eines Taglöhners und Maurers entnommen, der in seiner Jugend als Knecht im Meierhofe gedient hat.

Da diese Gestalten niemandem was zu leide thaten, so setzten sich die Knechte (Groß-, Mittel-, Kleinknecht und Treiber) auf einen Futter-Mengkasten unter dem Schoppen und rauchten ihre Pfeifen. Das Gespräch drehte sich um das Pelzmännchen[202] und der Großknecht sagte: Wartet, heute will ich dem Pelzmännchen eins drauf geben. Da das Gespenst noch nicht erschien, es war Samstag, legten sich Alle zu Bette; der Großknecht, ein Oberländer, nahm einen Knittel und lauerte auf der Schoppenstiege. Bald rief der Verwegene: Jetzt paßt auf, und Alles schaute hinaus. Das Pelzmännchen saß auf einer Wagendeichsel und schaukelte sich. Der Knecht stand unweit mit der Keule und plötzlich führte er einen Streich nach dem Zwerge, der sogleich verschwand. Freudig, daß er das Männchen von der Deichsel herabgeschlagen und verjagt, legte sich der Großknecht zur Ruhe. Des andern Tags Sonntags, als alle daheim waren, setzte sich der Knecht wieder auf den Mengkasten und auch die Andern und rauchten. Der Großknecht blieb sitzen, da schon Alle zu Bette gegangen waren. Als sie Morgens erwachten, lag der Knecht neben dem Kasten, ganz blau und breit gedrückt.

Ein andermal kam ein Knecht spät nach Hause, und alle Thore waren versperrt, deshalb sprang er über die Mauer; aber beim Niederfallen gewahrte er, daß er auf einem schwarzen Hunde mit Feueraugen reite. Dieser trug ihn zur Stallthüre, wo er plötzlich unter seinen Füßen verschwand. Ueber acht Wochen lag dann der Reiter krank, gelbe Blasen im Gesicht und jeder glaubte sein Ende nahe. (Gebhard, S. 219.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 201-203.
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