Ritterfisch (Eques lanceolatus)

[77] Der Ritterfisch (Eques lanceolatus, americanus und balteatus, Chaetodon lanceolatus, Sciaena lanceolata und Edwardsi) ist auf graugelbem Grunde mit drei breiten schwarzbraunen, grauweißlich gesäumten Längsbinden, von denen die eine über den Rücken, die beiden anderen über je eine Seite verlaufen, und außerdem am Kopfe wie die vorhergehenden geziert. Die erste Rückenflosse enthält sechzehn, die zweite vierundfunfzig, die Brustflosse je funfzehn, die Afterflosse zwölf, die Schwanzflosse neunzehn Strahlen.


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»Im April 1860«, so erzählt Präger, »lagen wir auf dem Pontiniak, dem größten Flusse der Westküste Borneos. Hier hörten wir zur Flutzeit ganz deutlich Musik, bald höher, bald tiefer, bald fern, bald näher. Es klingt aus der Tiefe herauf wie Sirenengesang, bald wie volle, kräftige Orgeltöne, bald wie leise Aeolsharfenklänge. Man hört es am deutlichsten, wenn man den Kopf [77] ins Wasser taucht, und unterscheidet leicht verschieden zusammenklingende Stimmen. Diese Musik wird, wie die Eingeborenen erzählen und sorgsame Forscher bestätigen, durch Fische hervorgebracht.«


Trommler (Pogonias chromis). 1/20 natürl. Größe.
Trommler (Pogonias chromis). 1/20 natürl. Größe.

In der That, die Tonkünstler sind Fische, sogenannte Trommelfische, welche in verschiedenen Meeren, insbesondere aber im Atlantischen und Indischen Weltmeere, vorkommen und laut vernehmbare Töne hervorbringen. »Abends gegen sieben Uhr am zwanzigsten Februar 1803«, berichtet Humboldt, »wurde die ganze Schiffsmannschaft durch ein außerordentliches Geräusch erschreckt, welches dem Getrommel in freier Luft glich. Man glaubte anfangs, daß es von Windstößen herrühre; bald aber vernahm man es deutlich am Schiffe, besonders an seinem vorderen Theile.

Es glich dem Geräusche, welches beim Sieden des Wassers entsteht, wenn die Kochblasen zerspringen. Nun fürchtete man, daß irgendwo ein Leck entstanden sei, hörte es aber bald an allen Theilen des Schiffes bis gegen neun Uhr abends, um welche Zeit es verschwand.« Der Schiffsleutnant John White, welcher nach China reiste, vernahm ähnliche Laute und vergleicht sie mit den Tönen der Orgel, dem Geläute von Glocken, den Klängen einer gewaltigen Harfe und dem Gequake der Frösche, da sie bald dem einen, bald dem anderen ähnelten. Sie waren so laut, daß man vermeinte, das Schiff erzittere, verstärkten sich auch allmählich und verbreiteten sich endlich über den ganzen Boden und die Seiten des Fahrzeuges. Erst beim Aufwärtsfahren des Kambodschaflusses verminderten sich die sonderbaren Laute, und endlich schwiegen sie gänzlich. Der am Bord befindliche Dolmetscher belehrte die Reisenden über die Erzeuger der Töne und versicherte, sie wären Fische von eiförmiger, flacher Gestalt, welche in Schwärmen zu ziehen pflegten, aber auch an harte Gegenstände sich festhängen könnten. In der Nähe der nordamerikanischen Küste hat man Trommelfische wiederholt beobachten und somit wenigstens einzelne von ihnen bestimmen können. Sie schwimmen hier wirklich scharenweise langsam und gleichmäßig umher, sammeln sich gern um die Schiffe und lassen dann, insbesondere in stillen Nächten, ihre Musik deutlich und ununterbrochen ertönen. Wie sie die Laute hervorbringen, weiß man noch nicht, vermuthet aber, daß die großen Schlundzähne, welche sie besitzen, mit ins Spiel kommen mögen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 77-78.
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