Nashornfisch (Naseus unicornis)

[143] Der Nashornfisch (Naseus unicornis und fronticornis, Chaetodon fronticornis, Monoceros biaculeatus, Aspisurus unicornis), welcher vierundzwanzig bis sechzig Centimeter an Länge erreicht, trägt ein etwa acht Centimeter langes Horn und auf jeder Seite des Schwanzes drei eiförmige Knochenhöcker mit dreiseitiger, schneidender Platte. Seine Färbung ist ein mehr oder minder lebhaftes Aschgrau; Rücken- und Afterflosse sind bläulich gesäumt. In der ersteren [143] zählt man sechs harte und siebenundzwanzig weiche, in der Afterflosse zwei harte und achtundzwanzig weiche, in der Bauchflosse einen dornigen und drei weiche, in der Brustflosse achtzehn, in der Schwanzflosse sechzehn Strahlen.

Von der Insel Moritz an bis nach Djedda an der Ostküste des Rothen Meeres scheint der Nashornfisch überall vorzukommen, hier und da auch in namhafter Menge aufzutreten. Man sieht ihn oft truppweise beisammen, mehrere hundert dicht geschart, hauptsächlich wohl in der Nähe der Inseln oder über Untiefen, weil er sich schwerlich weit von solchen, seinen eigentlichen Weideplätzen, entfernen wird. Besonders häufig fängt man ihn in der Nähe von Djedda vermittels großer Zugnetze. Hier und da soll man auch den Wurfspieß in Anwendung bringen. Die Angel erweist sich ihm gegenüber durchaus bedeutungslos, weil er nach keinem Köder beißt, sondern wirklich weidet. Die gefangenen werden eingesalzen, das Fleisch aber nur von sehr armen Leuten gekauft, weil das an schmackhaften Fischen so reiche Indische Meer die Tafeln der Wohlhabenden mit ungleich besseren Fischen genügend versorgt.

Aristoteles spricht von Fischen aus der Nähe von Heraclea Pontica, welche sich, wenn das Wasser der Flüsse und Seen verdunstet, der Feuchtigkeit nachgehend, in den Schlamm eingraben, hier, während die Oberfläche erhärtet, in einem schlafartigen Zustande verweilen, aber lebhaft sich bewegen, wenn sie gestört werden. In dieser Weise, fügt Theophrast der Angabe seines Lehrers hinzu, pflanzen sich diese Thiere fort. In der Tiefe des Schlammes lassen sie ihren Laich zurück, welcher sich entwickelt, wenn das Bett ihres Gewässers wiederum gefüllt wird. Ebenso gibt es, so bemerken die alten trefflichen Schriftsteller außerdem, Fische in Indien, welche zuweilen die Flüsse verlassen und wie Frösche über das Land wandern, um sich ein anderes Gewässer aufzusuchen.

Diese Mittheilungen fanden unter den Alten einzelne Gläubige, aber weit mehr Zweifler, erstere hauptsächlich unter den Griechen, letztere unter den Römern. Seneca zum Beispiel spottet, indem er Theophrasts Mittheilungen wiedergibt, daß man, seitdem diese Thatsache offenbar geworden, nicht mehr mit dem Hamen, sondern mit der Hacke zum Fischfange ausziehen müsse.

Die Angaben der beiden erstgenannten Schriftsteller beweisen den Eifer und die Genauigkeit, mit welcher die Griechen beobachteten. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß sie gelegentlich des Kriegszuges Alexanders des Großen über die Thatsache unterrichtet wurden. Denn eine Thatsache ist es, daß es in Indien Fische gibt, welche beim Austrocknen ihres Wasserbeckens einem anderen, noch gefüllten sich zuwenden, dabei über Land wandern, nöthigenfalls in den Schlamm sich einbohren und in ihm Monate winterschlafend zubringen, bis die Regenzeit sie zum Leben zurückruft.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 143-144.
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