Gurami (Osphromenus olfax)

[151] Der von Commerson unter dem angegebenen Namen beschriebene Gurami (Osphromenus olfax, satyrus und Gourami, Trichopus satyrus und Gourami, Trichopodus mentum), ein sehr großer Fisch, welcher zuweilen gegen zwei Meter an Länge und mehr als zehn Kilogramm an Gewicht erreichen soll, ist am Rücken braunröthlich gefärbt und dunkler in die Quere gebändert, am Bauche auf silberfarbenem Grunde wie mit braunen Mondflecken gezeichnet, weil der Rand der lichten Schuppen braun aussieht; außerdem noch kenntlich an einem schwarzen, unregelmäßigen Flecke an der Wurzel der Brustflosse. Die Rückenflosse enthält vierzehn stachelige und zwölf weiche, die Afterflosse elf stachelige und neunzehn weiche, jede Brustflosse sechzehn, die Bauchflosse sechs, die Schwanzflosse sechzehn Strahlen.


Gurami (Osphromenus olfax). 1/15 natürl. Größe.
Gurami (Osphromenus olfax). 1/15 natürl. Größe.

Commerson glaubte, daß der Gurami ursprünglich in China zu Hause und von hier aus, seines ausgezeichneten Fleisches halber, nach Java gebracht worden sei, irrte sich aber in dieser Beziehung, [151] da der Fisch die Süßgewässer der Großen Sundainseln bewohnt. Hier soll er nach Art unseres Karpfens in ruhigen, reich mit Pflanzen bestandenen Wasserbecken leben, solche mit reinem Wasser bevorzugen, jedoch auch in schlammigen Teichen und Pfuhlen gedeihen, gern in Höhlungen sich verbergen und von Pflanzenstoffen sich ernähren. Wegen seines Fleisches, welches, nach Commersons Ansicht, das aller übrigen Süßwasser- und Seefische an Güte übertreffen soll, halten die Holländer um Batavia Guramis in Teichen und in großen irdenen Gefäßen, deren Wasser sie alltäglich erneuern, und füttern ihre gefangenen mit einer Süßwasserpflanze, der Pistia natans. Dupetit-Thouars erfuhr, daß Guramis nicht allein Pflanzen fraßen, sondern auch gierig die menschlichen Auswurfstoffe einer in ihr Wohnwasser mündenden Kloake verzehrten, und daß ihr Fleisch infolge dieser Nahrung einen schlechten Geschmack annahm; spätere Beobachtungen belehrten, daß sie in Ermangelung ihrer heimischen Pflanzen Kohl, Salat, Sauerampfer, Rüben, Kleien und Brod sowie Reis, Mais, Bohnen und gekochte Kartoffeln, nebenbei auch Würmer, Kerfe, kleine Fische und Frösche oder rohes und gesottenes Fleisch verzehren.

Wie Stichling und Groppe zeichnet sich der Gurami durch elterliche Fürsorge zu Gunsten seiner Brut aus. In einem Winkel oder zwischen schwimmenden Wasserpflanzen des Teiches bereitet er, wahrscheinlich das Männchen allein, binnen fünf bis sechs Tagen ein eiförmiges Nest, in welches das Weibchen sodann seine achthundert bis tausend Eier absetzt, dessen Stoffe aber auch den Jungen zur ersten Nahrung dienen sollen.

Die Zählebigkeit des Fisches, die Leichtigkeit, ihn zu ernähren, und die Güte seines Fleisches haben zu Versuchen veranlaßt, ihn auch nach anderen Ländern zu verpflanzen, um so mehr als in [152] Pinang, Malakka und auf der Insel Mauritius in dieser Beziehung gesammelte Erfahrungen dafür sprechen. Hier waren im Jahre 1761 eingeführte Guramis aus den Zuchtteichen entronnen und in die kleinen Flüsse der Insel gerathen, hatten sich aber auch in diesen bald vollständig eingebürgert, gediehen ebenso gut wie in den Teichen, vermehrten sich reichlich und berechtigten zu den besten Hoffnungen. Ein im Jahre 1819 unternommener Versuch, ihn auch auf Martinique heimisch zu machen, gelang weniger gut. Zwar gedieh er auch hier vortrefflich, schritt jedoch nicht zur Fortpflanzung, weshalb, vermag ich nicht zu sagen. Im Jahre 1859 schiffte Kapitän Philibert, welcher von der französischen Regierung ausgesandt worden war, verschiedenartige Thiere und Pflanzen der Osthälfte nach Cayenne zu bringen, hundert Guramis auf der Insel Mauritius ein. Sein Versuch gelang in überraschender Weise; denn er verlor unterwegs bloß dreiundzwanzig seiner Fische und siedelte die Art auch in Cayenne an. Im Jahre 1867 setzte man Guramis in einigen Seen Ceylons aus; in der neuesten Zeit hat man lebende selbst nach Europa gebracht. Ich weiß nicht, ob es gelungen ist, ihn hier einzubürgern, zweifle jedoch nicht, daß zweckmäßig geleitete Versuche schließlich von Erfolg gekrönt sein würden. Jedenfalls dürfte es angemessen sein, die allgemeine Aufmerksamkeit wieder auf dieses Thier zu lenken, zumal in unserer Zeit, in welcher die Klage über Entvölkerung der Flüsse immer allgemeiner wird und Abhülfe des fühlbaren Mangels dringend geboten erscheint. Versuche, den Gurami bei uns heimisch zu machen, würden höchst wahrscheinlich glücken, wenn man die Vorsicht gebrauchen wollte, ihn nach und nach an die Strenge unseres Klimas zu gewöhnen, also zunächst im Süden Europas einzuführen und von dort aus allmählich in die nördlicheren Gewässer zu verpflanzen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 151-153.
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