Vierzehnte Ordnung: Die Schlauchfische[407] (Cirrostomi)

Wir stehen vor der tiefsten Stufe des Kreises der Wirbelthiere, vor einem Wesen, welches man Fisch nennt, weil man es nur in der fünften Klasse des Thierreiches unterbringen kann, welches aber mit allen übrigen Mitgliedern dieser Klasse so wenig Aehnlichkeit hat, daß man es als Vertreter einer Sippe, Familie, Ordnung und Reihe betrachten muß. Wenn man den Inger ein Bindeglied nennen darf zwischen Fischen und Würmern, darf man den Vertreter der Schlauchfische ansehen als ein Mittelding zwischen Fischen und Weichthieren, und zwar ähnelt er den letztgenannten weit mehr als den ersterwähnten. Wer sich ängstlich klammert an eine im engsten Sinne gedeutete Planmäßigkeit der Natur, an ein sogenanntes natürliches System, wird sich diesem Thiere gegenüber rathlos sehen; wer begriffen hat, daß die Natur die Einheit ist und wir es sind, welche sie zersplittern, wird sich die Berechtigung zusprechen dürfen, in dem Lanzettfischchen, welches Pallas, der Entdecker desselben, mit einer Wegschnecke verglich, einen Fisch zu sehen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 407.
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