Gewürfelte Schnepfenfliege (Empis tessellata)

[461] Die Tanzfliegen (Empidae) bilden eine von anderen zwar scharf abgegrenzte, unter sich aber weniger einförmige Familie. Ein fast kugeliger, kleiner, vom Brustkasten daher sehr entschieden abgeschnürter Kopf, dessen horniger, spitzer Rüssel wie ein Schnabel nach unten steht, die schlanke Körpergestalt, besonders des Hinterleibes, welcher beim Weibchen spitz, beim Männchen mit verschiedenen auffälligen Anhängseln endigt, die völlige Nacktheit des Körpers und verlängerte Hinterbeine geben theilweise diesen Raubfliegen ein schnakenartiges Ansehen; nur vier Hinterrandszellen, eine gegabelte dritte Längsader und eine meist sehr kurze und geschlossene, immer langgestielte Analzelle kennzeichnen ihre Flügel. Vom ersten Frühjahre an fallen ihre Tänze und Jagden auf, welche sie unter Bäumen, neben Buschwerk oft in Scharen ausführen. Während jener paaren sie sich, und gar nicht selten sieht man den einen Gatten, wie er ein gewürgtes Insekt zwischen den Vorderbeinen hält und gierig daran saugt, schwelgend in dem Doppelgenusse, welcher den Kerfen überhaupt nur für ihre kurze Lebenszeit geboten wird. Da diese Fliegen ihre Beute, [461] welche nur in kleinen Kerfen besteht, mit den Beinen ergreifen, wie alle echten Raubfliegen, so erfahren diese allerlei Umgestaltungen: man erblickt auffallend verdickte Fußglieder, dicht gefiederte Beschuppung an Schenkeln und Schienen, Krümmungen einzelner Theile, kurz eine Mannigfaltigkeit in der Bildung der Beinchen, wie sie bei keiner zweiten Familie wiederkehren dürfte. Manche Arten besuchen auch gern Disteln, Schafgarbe, Flockblumen und andere korbblütige Pflanzen, aus denen sie nicht selten, über und über bis zur Unkenntlichkeit mit Blumenstaub bedeckt, wieder hervorkommen. Die einen erscheinen im ersten Frühlinge, andere erst im Herbste; die einen tanzen am Tage, andere nach Mückenweise des Abends; die Mehrzahl ist den kälteren Gegenden und dem Gebirge eigen. Die wenigen Larven, welche man bis jetzt kennt, zeichnen sich durch sehr starke Einschnürung zwischen den Leibesgliedern aus und leben in der Erde. – Nach der Verschiedenheit des Flügelgeäders innerhalb der gegebenen Grenzen gliedert sich die Familie in zahlreiche Sippen und diese in eine Menge von Gattungen. Statt aller möge eine unserer größten Arten, die gewürfelte Schnepfenfliege (Empis tessellata, Fig. 2, S. 460), den Familiencharakter versinnlichen. Sie ist bräunlichgrau, auf dem Rückenschilde in drei Striemen schwarz, an der Wurzel der hellbraunen Flügel gelb und schillert auf dem Hinterleibe würfelartig lichter. Beim Männchen läuft der walzige Hinterleib in eine beilförmige Zange aus, und die Augen stoßen auf dem Scheitel zusammen. Die 13 Millimeter lange Fliege erscheint im Mai und Juni.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 461-462.
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