Corymorpha nutans

[458] Es würde zu weit führen, die verschiedenen Familien und Sippen auch nur mit Auswahl zu charakterisiren, namentlich auch in Bezug auf Entwickelung. Wir müssen aber, um die allgemeinen [458] Lebensverhältnisse zu begreifen, wenigstens auf die merkwürdigen Wechselgenerationen von geschlechtsreifen Quallen, wie wir sie oben geschildert, und unfreien polypenförmigen Wesen die Aufmerksamkeit lenken. Aus den Eiern der wenigsten Quallen entwickeln sich direkt wieder Quallen, sondern polypenartige Larven, an denen die Quallengeneration auf dem Wege der Knospung entsteht. Die Zugehörigkeit der Quallen zu denjenigen polypenförmigen Zwischenformen, die wir Quallenpolypen nennen, blieb in den meisten Fällen deshalb verborgen, weil diese Quallen eine sehr geringe Größe, oft nur vom Umfange eines Stecknadelkopfes, erreichen. So sehen wir zwischen der Gruppe der fünf Individuen von Corymorpha nutans ebensoviele kleine, mit einem fadenförmigen Anhange versehene Wesen schwimmen: das sind die dazu gehörigen Quallen. Jedes Ei dieser minutiösen, über die abgebildete Größe wenig hinaus wachsenden Quallen entwickelt sich zu einer flimmerhaarigen Larve, welche, zu Boden gesunken, zu einer Corymorpha nutans wird. Unser Bild ist Allmans prachtvoller Monographie der der größeren Abtheilung der Tubularien angehörigen Hydroiden entnommen und zeigt die Thiere, welche in der Polypenform immer Einzelthiere bleiben, in natürlicher Größe.


Stock von Hydractinia echinata auf einem vom Einsiedlerkrebse bewohnten Buccinum-Gehäuse. Natürliche Größe.
Stock von Hydractinia echinata auf einem vom Einsiedlerkrebse bewohnten Buccinum-Gehäuse. Natürliche Größe.

Abweichend von den meisten ihresgleichen, wachsen sie nicht fest an Tange und Steine an, sondern bewohnen den feinsandigen Grund, in welchen sie sich mit dem Hinterende des Stieles einsenken. Zahlreiche fadenförmige Anhänge dieses in den Sand sich eingrabenden Theiles durchdringenden Boden nach allen Richtungen und dienen zur weiteren Sicherung des Standes. Die am Vorderende befindliche Mundöffnung ist von einem Kranze von Fühlern eingefaßt; ein zweiter Fühlerkreis umgibt die Magenerweiterung. Gleich oberhalb dieses Kreises stehen traubig gehäuft die Knospen, welche man im Sommer gewöhnlich in allen Stufen der Entwickelung trifft, und welche, so lange sie noch an ihren Stielen hängen, schon voll kommen den Bau von Medusen annehmen. Sie bewegen ihren Schirm lebhaft, reißen sich los, und somit ist der Entwickelungskreis, der Generationswechsel, abgeschlossen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 458-459.
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