Kapitel XLV.
De goëtia et necromantia
oder
Von der Teufelsbannerei und Schwarzkünstlerei

[162] Ein Stück, von dieser Magie ist die Teufelsbannerei und Theurgia oder wie es genennet wird, die Befleissigung von göttlicher Reinigung. Die Teufelsbannerei wird durch Gemeinschaft der bösen Geister angefangen mit leichtfertigen Zaubersprüchen, scheusslichen Gebräuchen und Zeremonien und mit verbotenen Gebeten ausgemacht; sie ist in allen Gesetzen verflucht und ausgetan. Dieser Art sind welche wir die Schwarzkünstler und Zauberer heutiges Tages nennen, davon dieses geschrieben ist:


Gens invisa Deis; maculandi callida coeli,

Quas genuit natura, mali qui sidera mundi;

Juraque fixarum possunt pervertere rerum.

Nam nunc stare polos, et fulmina mittere norunt

Aethera sub terras adigunt montesque revellunt.


Das ist: Es ist ein Volk, so auch denen Göttern verhasset, weil sie den Himmel selbst durch ihre Kunst beflecken, indem sie alle Gestirne nach ihrem Gefallen[162] bezaubern, ja ganz verkehren, dass sie auch das Wetter zwingen, Ungewitter und Donner erwecken, ja wohl Berge versetzen und umkehren können. Diese sind's, welche der Verstorbenen Seelen beschwören, und die die Alten Nachsänger genennet haben, welche die Knaben bezaubern und die Stimme eines Orakuls aus ihnen machen; welche einen Hausgeist bei sich tragen, wie wir dergleichen von dem Sokrate lesen, und welche, wie man insgemein pfleget zu sagen, den Teufel in einem Glase füttern und vorgeben, dass sie durch ihn weissagen können.

Und diese fangen ihre Sache auf zweierlei Art an; denn etliche sind, welche die bösen Geister durch die Kraft des göttlichen Namens suchen zu beschwören; weil jedwede Kreatur fürchtet und ehret den Namen Gottes, welcher sie erschaffen hat, so ist kein Wunder, dass alle diese Schwarzkünstler ungläubige Heiden, Juden, Sarazenen und dergleichen Art Menschen durch Anrufung Gottes Worts sich an den Teufel machen; andere aber, als die Schändlichsten und die wert wären, dass man sie gleich verbrennete, die ergeben sich gar dem Teufel, opfern demselben und beten ihn an, und obschon die zuerst genannten Schwarzkünstler diesem Laster nicht ergeben sind, so sind sie doch auch höchster Gefahr unterworfen, denn auch gezwungene Geister ruhen nicht, sondern suchen uns Verirrte zu betrügen.

Von dem Stinkbaume dieser Schwarzkünstler sind herkommen alle verbotenen Bücher der Finsternis, welche der Ictus Ulpianus improbatae Lectionis nennet, oder die da nicht sollen gelesen, sondern stracks verbrannt und ausgetilget werden. Dergleichen das erste von dem Zabulo rauskommen ist, hernach von dem Barnaba, und werden heutiges Tages noch wohl solche Bücher herumgetragen unter erdichteten Titeln und falschen Namen wie: Adams, Abelis, Enoch, Abrahae, Salomonis, Pauli, Honorii, Cypriani, Alberti,[163] Thomae, Hieronymi; derer Torheiten gefolget haben der König Alphonsus, Robertus Anglicus, Bacon und Apponus und viel andere, die so liederliches Gemütes gewesen sind; ja sie haben nicht allein die Menschen, die Heiligen, die Patriarchen und Engel Gottes zu Autoren solcher verfluchten Lehre gemachet, sondern sagen noch, dass solche Bücher von denen Engeln Raziel und Raphael dem Adam und Tobiä wären gegeben worden; wenn aber diese Bücher recht angesehen und betrachtet werden, so halten sie nichts in sich als unterschiedene Reguln ihrer Praeceptorum, gewisse Gebräuche, gewisse Arten der Wörter und Charaktere, gewisse Ordnung in Auslegung und gewisse Phrases, welche doch nichts anders sind als unnütz Geschwätze und schädlicher Betrug, und die zu diesen unsern späteren Zeiten von niemand anders sind zusammengeraffet worden, als von ungeschickten und betrüglichen Künstlern der alten Magie aus etlichen weltlichen Observationen, die sie hernach mit den Zeremonien unserer Religion vermischet und den Unerfahrenen mit gewissen Zeichen und Namen eingegeben haben, damit sich die Rauhen und Einfältigen darüber verwundern, und, die nichts studieret haben, darüber bestürzen müssen.

Jedoch muss man es nicht dafürhalten, dass es lauter Fabeln sind, denn wenn nicht was Wahres dabei wäre, und dadurch nicht viel Wunder und schädliche Sachen geschähen, so würden die göttliche und menschliche Gesetze solche nicht so hart verboten, und dass man sie von der Welt ganz ausrotten solle, geheissen haben. Dass aber diese Schwarzkünstler sich allein der Hilfe der bösen Geister gebrauchen, ist dieses die Ursache, weil die guten Engel schwerlich erscheinen, sondern sie warten auf Gottes Befehl, und haben mit niemand anders Gemeinschaft, als die reinen Herzens sind und ein heiliges Leben führen. Die bösen Geister aber präsentieren sich leichter, lassen sich gerne anrufen, lügen gerne und sind allzeit geschwinde zum Betrug da; sie lassen sich venerieren und anbeten;[164] und weil die Weiber neugieriger und nicht vorsichtig, auch zum Aberglauben geneigt sind und sich leichter fangen lassen, so präsentieren sich die bösen Geister bei ihnen geschwinder und machen bei ihnen grosse Wunderwerke. Wie die Poeten von der Circe, von der Medea und andern singen; es bezeuget solches Cicero, Plinius, Seneca, Augustinus und andere, sowohl Philosophi als Historici, ja die heilige Schrift selbsten.

Denn im Buche der Könige lesen wir, dass eine Pythonissa, eine wahrsagerische Frau, welche in Endor gewohnet, die Seele des Propheten Samuelis herausgefordert habe, ob es wohl die meisten so interpretieren, dass es nicht die Seele des Propheten, sondern ein böser Geist, welcher seine Gestalt hat angenommen, gewesen sei; doch sagen die hebräischen Lehrer (und Augustinus ad Simplicianum kann es nicht leugnen), dass es der wahre Geist des Samuels gewesen sei, welcher vor Ablauf des ersten Jahres nach seinem Tode hat leicht können wieder gerufen werden, wie die Teufelsbanner lehren.

Die Schwarzkünstler halten auch dafür, dass solches ja wohl natürlich könnte zugehen, wie ich selbsten in meinen Büchern de Occulta Philosophia weitläuftig davon gedacht habe. Also haben die Altväter, welche in den geistlichen Sachen sind erfahren gewesen, nicht ohne Ursache geordnet, dass die Körper der Toten an einem heiligen Orte sollten begraben werden, auch so lange die Leichen noch über der Erden und auf der Bahre stehen, sollten Lichter angezündet, die Leichen mit Weihwasser besprenget, geräuchert und durch Gebete entsühnt werden.

Denn, wie die Lehrer der Hebräer sagen, so wird unser ganzer Leib und was daran fleischlich ist, das wird den Schlangen zur Speise hinterlassen, und zwar, wie sie reden, dem Azazel, welcher ist der Herr des Fleisch und Blutes und der Fürst dieser Welt, und[165] wird genennet im dritten Buch Mosis der Fürst der Wüsten, dessen auch gedacht wird im ersten Buch Mosis: Terrain comedes omnibus diebus vitae tuae. Du sollst Erde essen dein Leben lang, und beim Isaia: dein Brod ist Staub, das ist: unser Leib ist erschaffen aus dem Staube der Erde, so lange er nicht geheiliget und in was Bessers ist verwandelt worden, also, dass er nicht mehr der Schlangen, sondern Gott zuteil werde, nämlich aus dem geistlichen Fleisch, nach den Worten Pauli: Seminatur, quod animale est, et resurget, quod spirituale est. Es wird gesät, was fleischlich ist, und wird auferstehen, was geistlich ist. Und anderswo: Omnes quidem resurgent, sed non omnes immutabuntur, quia multi remansuri sunt in perpetuum cibum serpentis; das ist: alle werden zwar auferstehen, es werden aber nicht alle verwandelt werden, denn viel werden bleiben zur ewigen Speise der Schlangen. Also sehet, so legen wir mit dem Tode ab diese garstige und scheussliche Materie des Fleisches, dieses Schlangenfutter, damit wir dermaleins eine andere und bessere Gestalt annehmen möchten, welches wird geschehen bei Auferstehung der Toten.

Und das ist schon erfüllet in diesen, welche die Erstlinge der Auferstehung gekostet haben, und ihrer gar viel haben dieses durch Kraft des Geistes Gottes in diesem Leben erlanget, als Enoch, Elias und Moses, deren Körper also sind verwandelt worden, dass sie die Verwesung nicht gesehen haben, noch wie die andern der Gewalt der Schlangen sind hinterlassen worden. Und eben dieses ist der Streit des Teufels mit dem Engel Michael über den Leib des Moses, dessen Judas in seiner Epistel gedenket; aber von dieser Schwarzkünstlerei und Teufelsbannerei mag es für diesesmal genug sein.[166]

Quelle:
Agrippa von Nettesheim: Die Eitelkeit und Unsicherheit der Wissenschaften und die Verteidigungsschrift. München 1913, Band 1, S. 162-167.
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