I, 24. An Varuna.

[23] Die zwei ersten Verse sind an Agni gerichtet und haben wahrscheinlich den ursprünglichen Anfang des Liedes verdrängt. Mit dem Baume in V. 7 ist die Sonne gemeint.


1. Welch Gott ist's, der Unsterblichen wie vielter,

in dessen theuren Namen wir gedenken?

Wer gibt der grossen Aditi zurück uns,

dass Vater ich und Mutter wieder schaue?

2. Gott Agni ist's, der ew'gen Götter erster,

an dessen theuren Namen wir gedenken;

Er gibt der grossen Aditi zurück uns,

dass Vater ich und Mutter wieder schaue.


6. Denn deine Herrschaft, deine Macht, dein Zürnen

erreichen selbst nicht jene raschen Vögel,

Noch diese Wasser, welche rastlos wandern,

noch die des Windes Urkraft übertreffen.

7. Der heil'ge König Varuna hält aufrecht,

des Baumes Schopf im bodenlosen Raume;

Es steigen nieder, ihre Wurzel aufwärts,

die Strahlen; mögen sie in uns sich senken.

8. Denn weite Bahn schuf Varuna, der König,

dort für die Sonne, dass sie ihn durchwandre,[23]

Schuf Füsse ihr, die fusslos war, zum Treten,

und wehrte ab das, was ihr Herz verwundet.

9. Du hast an hundert, tausend Arzeneien,

o König, weit und tief ist deine Güte;

Verderben stosse fort in weite Ferne,

auch von begangner Sünde mache frei uns,

10. Die Sterne dort hoch oben, die sich zeigen

des Nachts, wohin doch gehen sie am Tage?

Doch Varuna's Gesetz ist unverletzlich,

und leuchtend schreitet durch die Nacht der Mond hin.

11. Dies bitt' ich dich, verehrend mit Gebeten,

und darum wirbt mit Opfertrank der Opfrer:

O Varuna, sei bei uns ohne Zürnen,

weitherrschender, verkürz nicht unser Leben.

12. Das sagt man mir des Nachts und das bei Tage,

das kündet mir das eignen Herzens Stimme:

Es wird befrein uns Varuna der König,

den einst gefangen Çunasçepa anrief.

13. Denn der gefangne Çunasçepa rief einst

gebunden an drei Pfosten den Aditja;

Auch diesen löse Varuna der König,

der weise, treue löse ihm die Stricke.

14. O Varuna, wir wenden deinen Zorn ab,

durch Opfer, durch Gebet, durch Trankesspenden,

Der du die Macht hast, weiser, ew'ger König,

erlasse uns die Sünden, die wir thaten.

15. O Varuna, lös' ab von uns die Stricke,

den untersten, den mittelsten und höchsten,

Dann mögen wir in deinem Dienst, Aditja,

von Schuld befreit, der Aditi gehören.

(3-5. siehe Anhang.)

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1877, [Nachdruck 1990], Teil 2, S. 23-24.
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