[612] Nunmehr also lasst uns das den Kern aller Upanishad's bildende, zur Erkenntnis über den Saṅsâra verhelfende, [im Veda, Chând. 5,19-24] studierte, die Nahrung als Massgebendes habende, in dem eignen Leibe dargebrachte Opfer erklären.
In diesem gegenwärtigen Menschenleibe ist auch ohne Agnihotram und ohne Sânkhyam und Yoga eine Erlösung vom Saṅsâra möglich. In dieser Überzeugung setzt einer, je nach der für ihn geltenden Vorschrift, die Speise auf dem Boden nieder und bespricht sie mit den drei Versen: »Die Kräuter, die im Reich Soma's« usw. und mit den zwei Versen: »O Speiseherr« usw.
Die Kräuter, die im Reich Soma's
Viel, hundertfach verschiedner Art,
Die einst Bṛihaspati zeugte,
Die sollen schützen uns vor Angst!1
[612]
Die fruchtbringenden, fruchtlosen,
Nichtblühenden und blühenden,
Die einst Bṛihaspati zeugte,
Die sollen schützen uns vor Angst.2
Als neubelebend lege ich
Dir auf3 das Kraut Naghârishâ;
Das bring dir frische Lebenskraft4
Und scheuche weg die Kobolde!
O Speiseherr, verleihe uns
Gesunde Speise, kräftige,
Den Spender fördre fort und fort,
Gib Kraft uns, den Zweifüssern und Vierfüssigen.
So oft ich Unverdauliches geniesse,
Von Rudra's Vorgeschmecktes, von Piçâca's,
Stets möge es der Herr gefahrlos machen
Und heilbringend, dem Herrn svâhâ!
Den Wesen innerhalb weilst du
Im Herzraume und allerwärts,
du bist das Opfer, bist Brahmán, bist Rudra, bist Vishṇu, bist der Vashaṭ-Ruf.
Wasser, Licht, Essenz, Unsterbliches, Brahman, Bhûr, Bhuvah, Svar, Om, Verehrung!5
Durch Wasser sei rein die Erde.
Gereinigt, mache sie mich rein!
Durch Brahmaṇaspati, Brahman
Gereinigt, mache sie mich rein!
Was mir anklebt, was nicht essbar,
Was ich beging an Übeltat,
Von allem wasche rein Wasser,
Auch von Gaben der Bösen, mich!
[613]
O Wasser, Amṛitam (Ambrosia, Nektar) bist du, des Amṛitam Bette bist du (Taitt. Âr. 10,32), und Amṛitam opfere ich in dem Prâṇa! In uns, o Pflegling, bist du genährt!6
Dem Prâṇa, dem vorzüglichsten, svâhâ! – Dem Apâna svâhâ! – Dem Vyâna svâhâ! – Dem Samâna svâhâ! – Dem Udâna svâhâ!
Bei diesen Worten opfert er (lies juhoti) mit dem kleinen Finger und dem Daumen dem Prâṇa, mit dem namenlosen [Ring-]Finger dem Apâna, mit dem Mittelfinger dem Vyâna, mit dem Zeigefinger dem Samâna, mit allen Fingern dem Udâna.
Dann bringt er schweigend eine Spende dem Ekarshi [der Sonne] dar, zwei dem Âhavanîya [im Munde], eine dem Dakshiṇafeuer [im Herzen], eine dem Gârhapatya [im Nabel], eine dem Allsühnefeuer [unterhalb des Nabels].
1 Atharvav. 6,96,1. Der erste Halbvers auch Ṛigv. 10,97,18.
2 Ṛigv. 10,97,15.
3 Lies: â te badhnâmi.
4 Mit dem Telugudruck: yâ ta' âyur upaharât.
5 Diesem Spruche, dessen erster Teil das Çiras (der Gâyatrî) genannt wird, begegneten wir bereits Maitr. 6,35 (S. 359); vgl. Amṛitabindu 10, Anm.
6 amâ, çishya, ânto 'si. Die von dem Schol. gegebene Erklärung dieser mysteriösen Worte scheint uns äusserst zweifelhaft.
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