12. Der höchste Heilige

[42] Nur der höchste Heilige auf Erden vermag so feinhörig, klarsichtig, ahnend und erkennend zu sein, daß er sich (dieser Welt) zu nahen vermag; nur er ist so weitherzig, großmütig, milde und weich, daß er sie zu ertragen vermag; nur er ist so anregend, stark, fest und kühn, daß er sie festzuhalten vermag; nur er ist so gleichmäßig, ernst, maßvoll und recht, daß er sich Achtung zu verschaffen vermag; nur er hat Ordnung und Folge16, Scharfsinn und Beobachtung genug, um unterscheiden zu können.

Weit und allgemein ist er wie ein tiefer Quell, der Wasser spendet zu seiner Zeit. In seiner Weite und Allgemeinheit ist er wie der Himmel, in seiner tiefen Quellenart ist er wie der Abgrund. Wenn er sich offenbart, so ehrt ihn alles Volk; wenn er redet, so glaubt ihm alles Volk; wenn er handelt, so freut sich alles Volk. Darum breiten sein Name und Ruf sich aus in den mittleren Reichen und wirken bis hin zum fernsten Süden und Norden. Wo Schiffe und Wagen hinkommen, soweit die Kraft der Menschen reicht, was der Himmel schirmt und die Erde trägt, wo Sonne und Mond hinscheinen, Reif und Tau hinfallen: alles, was Blut und Odem hat, ehrt und liebt ihn. Darum heißt es: Er ist dem Himmel zugeordnet.

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chinesisch Wen und Li; Wen sind Linienzüge wie z.B. in einem Nephrit, dann Ornamente, Schriftzeichen, Kultur, Schönheit, Form. Li sind Fasern wie im Holz, innere Struktur, Richtungstendenzen; von den Sungphilosophen wurde der Ausdruck im Sinn von Vernunft gebraucht.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 42-43.
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