Siebentes Bruchstück

Tissametteyyo

[190] Tissametteyyo:


814

Der Paarung wer sich beigesellt

Muß Pein erfahren, sagst du, Herr:

Vernehmen will ich dein Gebot,

An Einsamkeit gewöhnen mich.


Der Herr:


815

Der Paarung wer sich beigesellt,

Gebotverlassen lebt er schon:

Der falschen Fährte folgt er nach,

Unheilig heißt man solche Bahn.


816

Allein gewandert, wer es war,

Und wieder Paarung dann erspäht:

Wie Roßgespann auf scheuer Flucht

Mißraten gilt er hier, gemein.


817

Sein Ruhm und Ruf, gepriesen einst,

Er ist entschwunden alsobald,

Das mag erkennen wer da kämpft,

Um fern zu weisen Paarung ab.


818

Von Wünschen ist er aufgewühlt,

Erbärmlich blickt er, kummervoll;

Der andern Rede, trifft ihn die,

Betroffen bleibt er traurig stehn.


[191] 819

Und scharf und bitter spricht er dann,

Der andern Tadel reizt ihn auf:

Dem großen Strudel treibt er zu,

Geht unter in der Lügenkunst.


820

Verständig wer da gelten kann,

Allein die Straße zieht er hin;

Selbander wer beisammen lebt,

Unmündig scheint er angekirrt.


821

Wer jenen Jammer hier gemerkt,

Der Denker, vor sich, hinter sich:

Allein beflissen wird er gehn,

Vergessen gern Selbandersein.


822

An Einsamkeit nur sein gewohnt,

Es ist der Heil'gen höchstes Gut;

Und wer darum nicht mehr sich dünkt,

Vom Wahn erlöschen wird er bald.


823

Entrückt als Denker zieht er hin,

Dem Wunschgebiete fern entkehrt,

Entronnen aus dem Flutbereich,

Beneidet wo man Wünschen frönt.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 190-192.
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