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[998] Emerson. – Viel aufgeklärter, schweifender, vielfacher, raffinierter als Carlyle, vor allem glücklicher... Ein solcher, der sich instinktiv bloß von Ambrosia nährt, der das Unverdauliche in den Dingen zurückläßt. Gegen Carlyle gehalten ein Mann des Geschmacks. – Carlyle, der ihn sehr liebte, sagte trotzdem von ihm: »er gibt uns nicht genug zu beißen«: was mit Recht gesagt sein mag, aber nicht zu Ungunsten Emersons. – Emerson hat jene gütige und geistreiche Heiterkeit, welche allen Ernst entmutigt; er weiß es schlechterdings nicht, wie alt er schon ist und wie jung er noch sein wird – er könnte von sich mit einem Wort Lope de Vegas sagen: »yo me sucedo a mi mismo«. Sein Geist findet immer Gründe, zufrieden und selbst dankbar zu sein; und bisweilen streift er die heitere Transzendenz jenes Biedermanns, der von einem verliebten Stelldichein tamquam re bene gesta zurückkam. »Ut desint vires«, sprach er dankbar, »tamen est laudanda voluptas.« –

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 2, S. 998.
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Der Fall Wagner. Götzen- Dämmerung. Der Antichrist. Ecce homo. Dionysos- Dithyramben. Nietzsche contra Wagner. Herausgegeben von G. Colli und M. Montinari.
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