7. Der Krüppel

[70] Es war einmal ein Krüppel mit Namen Schu. Der war so verwachsen, daß ihm das Kinn bis auf den Nabel reichte. Seine Schultern waren höher als der Kopf, sein Haarknoten stand zum Himmel empor, die Eingeweide waren alle nach oben verdreht, und seine Beine waren an den Rippen angewachsen. Als Schneider und Waschmann verdiente er genug, um davon zu leben; durch Getreide-Sieben erwarb er sich so viel, daß er zehn Menschen davon ernähren konnte.

Wurde von oben her eine Aushebung von Soldaten ausgeschrieben, so stand jener Krüppel dabei und fuchtelte mit den Armen; waren für die Regierung schwere Fronden zu leisten, so wurde dem Krüppel wegen seiner dauernden Untauglichkeit keine Arbeit zugewiesen. Wenn dagegen die Regierung Getreide unter die Armen verteilte, so bekam der Krüppel drei Scheffel und zehn Bündel Reisig.

So diente ihm seine körperliche Verkrüppelung dazu, um seinen Lebensunterhalt zu finden und seiner Jahre Zahl zu vollenden. Wieviel mehr wird der davon haben, der es versteht, Krüppel zu sein im Geiste!

Quelle:
Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 70.
Lizenz: