Bocksweihe

[108] Bocksweihe (Litth. Rel.), ein Versöhnungsfest, das lange nach Einführung des Christenthums sich noch bei den Litthauern, Liev- und Kurländern erhalten hat. Die Bewohner eines Dorfes versammelten sich in der geräumigsten Scheuer; während die Frauen den Teig zu den Festkuchen kneteten, hielt der Priester einen schwarzen Bock bei den Hörnern, die Männer legten ihre rechte Hand auf dessen Rücken und beichteten laut ihre üblen Thaten; darauf ward Jeder der Beichtenden, nach Massgabe seiner Sünden, von dem Priester geschlagen, bei den Haaren gerauft oder auf eine andere Art empfindlich gestraft. Nun schlachtete der Priester den mit Sünden beladenen Bock, besprengte die Bauern mit dem Blute desselben, um sie zu entsündigen, und nahm das Fleisch nach Hause, um es den Göttern zu opfern - wie er sagte. Hierauf ward getrunken und von dem Priester Heldenthaten der Vorfahren erzählt, bis vor Trunkenheit er nicht mehr sprechen konnte.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 108.
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