Charila

[132] Charila (Gr. M.). Zu Delphi war eine schwere Hungersnoth ausgebrochen, während welcher Ch., eine[132] arme Waise, zu dem Könige kam, um Brod flehend; da derselbe bereits alle seine Vorräthe vertheilt hatte, warf er zornig nach ihr mit seinem Schuh, worüber sich das Mädchen so sehr grämte, dass sie sich erhängte. Jetzt aber steigerte sich die Noth immer höher, denn es kamen noch ansteckende Krankheiten dazu. Es ward die Pythia befragt, und diese sagte, nur wenn man den Manen der Gemordeten Sühnopfer bringe, werde des Himmels Zorn aufhören; diess geschah, und das Elend wich. Seit jener Zeit wurden alle neun Jahre die Festlichkeiten wiederholt, bei denen der König den Vorsitz führte, an Einheimische wie an Fremde Lebensmittel vertheilte, endlich nach dem Bilde der Ch. mit einem Schuh warf und es darauf mit einem Stricke um den Hals begraben liess. Dieses Fest führte den Namen der Unglücklichen, welche die Veranlassung desselben war.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 132-133.
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