Chinesen

[135] Chinesen (Religion der). Es ist kaum möglich, von einer Religion in diesem ungeheuer ausgedehnten Lande zu sprechen; deutlich unterscheidbar, wenn auch zum Theil nahe mit einander verwandt, sind vier Haupt-Religionen. Die reinste ist die des Kon-fu-tse (Confucius); sie wird von den Gelehrten bekennt, und ist mehr ein philosophisches Moralsystem, als eine Religion zu nennen. Die zweite ist die des Lao-tse oder Lao kyun, deren Priester durch Weissagungen und Gaukeleien viel Einflüsse auf das Volk haben, daher sie auch die eigentliche Volksreligion ist. Die dritte pflegt man die des Fo zu nennen, obwohl sie besser die des Buddha hiesse, denn es ist eine auf chinesische Weise modificirte Buddha-Religion: beide sind jünger als Kon-fu-tse. Die eigentliche Hofreligion ist die des Lama, welche auch von den Mandschuren oder Tataren allgemein angenommen ist. Alle diese Secten haben eine äusserst zahlreiche Priesterschaft, welche sich in Summa auf mehr als eine Million beläuft; sie leben meistentheils in Klöstern vereint, erkennen in diesen obere und untere Beamte, Bischöfe, einen Papst, und bilden eine eigene Hierarchie, welche von der Staatsregierung ganz getrennt scheint; sie führen ein müssiges Leben, und sind desshalb dort, wo Arbeiten eine Schande ist, sehr geehrt; doch haben sie fast gar keine Funktionen, die in das Leben eingreifen, werden weder bei der Geburt, noch bei der Namengebung eines Kindes, weder bei Ehen, noch bei Begräbnissen gebraucht. ( Kon-fu-tse, Lao-Kyun, Fo und Lama.)

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 135.
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