Cybele

Fig. 84: Cybele
Fig. 84: Cybele
Fig. 85: Cybele
Fig. 85: Cybele

[150] Cybele, (Gr. M.), Tochter des phrygischen Königs Meon und der Dindyma. Der Vater liess das neugeborne Kiod, weil es kein Knabe war, aussetzen, es ward aber von Panthern und Löwen ernährt, dann von Hirten am Berge Cybelus gefunden (daher der Name) und auferzogen, bis es durch seine Majestät und Schönheit bemerklich machte, dass es keinem niedern Stande angehöre. C. ward von den Eltern erkannt und aufgenommen, dadurch aber ein Liebesverhältniss mit Atys entdeckt, und nun dieser durch den grausamen Vater hingerichtet oder verstümmelt; Gleiches geschah auch der Hirtenfamilie, welche C. erzogen hatte, worüber diese sich so innig betrübte, dass sie zuerst in düstere Schwermuth, endlich aber in völlige Raserei gerieth, und wild umherschweifte von Land zu Land, von Volk zu Volk. Eine Pest brach nun über Phrygien herein; da sagte Apollo, man solle die Körper der Ermordeten ehrenvoll begraben und die entflohene C. zurückrufen und als Göttin verehren. Da nun aber von des Atys Körper nichts mehr zu finden war, so erwies man seinem Bilde die Ehre, die dem Leichnam zugedacht war; daher kommt es, dass man ihn zugleich mit C. in den Tempeln und auf den[150] Altären findet. Der neuen Göttin ward nun ein prächtiger Tempel zu Pessinus erbaut und sie als Landesgöttin, bald als die oberste von allen, verehrt, daher denn auch von hier der Name der Göttermutter ausging. Ein Orakel, dass, wenn man die höchste der Göttinnen aus Kleinasien nach Rom bringen würde, jeder nahende Feind vertrieben werden könnte, veranlasste die Römer, 203 v. Chr., ihr Bild, das aber nur ein schwarzer, nicht besonders grosser Stein war, aus Pessinus nach Rom zu holen und ihr hier auf dem palatinischen Hügel einen Tempel zu bauen, wo fortwährend phrygische Priester, Gallen genannt, ihren orgiastischen Dienst verrichteten. Da sie schon in Phrygien die »grosse Mutter« geheissen hatte, so wurde sie nun mit der griechischen Rhea, der Mutter der Götter, und mit der latinischen Ops, der Gemahlin des Saturnus, verwechselt, auch mit der Göttin der Erde identificirt. Ueber die Liebe der C. zu Atys oder Attes, Attes. Auf unserer Abbildung 84 sehen wir sie nach einer antiken Statue sitzend dargestellt; am Fussgestell die Vestalin Claudia Quinta, die ihre bezweifelte Tugend dadurch beweist, dass sie das Schiff mit dem Bildnisse der C., das in der Tiber festsass und durch keine Gewalt wieder flott gemacht werden konnte, mit ihrem Gürtel weiter zieht. Das Bild 85 zeigt sie uns nach einem Basrelief, in Angst um ihren neugebornen Sohn Jupiter, den die Ziege Amalthea säugt, während zwei Corybanten den Waffentanz um ihn tanzen, damit Saturn sein Gewimmer nicht höre. Löwen und die Mauerkrone, so wie die Handtrommel, welche sie erfunden, sind stets ihre Attribute.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 150-151.
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