Endymion

[187] Endymion (Gr. M.), ein schöner Jüngling, bekannt als Geliebter der Mondgöttin, nach Einigen Sohn des Aëthlius, Königs von Elis, und Nachfolger seines Vaters in der Herrschaft; nach Andern ein Sohn des Jupiter. Nach einer Sage war er aus Elis nach Carien auf den Berg Latmus gezogen; nach einer andern ist er von Anfang hier als Hirte oder Jäger zu Hause. Hier lässt sich zu ihm, dem in der latmischen Höhle Schlummernden, Selene, die Mondgöttin, herab; sie verlässt den silbernen Wagen, geführt von Amor, der mit seiner Fackel ihr leuchtet und auch die treuen Wächter der Heerde und ihres Herrn, die Hunde, in Schlummer versenkt. So weilt die Göttin ungestört bei dem Geliebten, und nur zum Abschied einen Kuss auf seine Lippen hauchend. So beseligend war diesem Liebling der Götter sein Schlummer, dass er Jupiter um ewige Jugend, ewiges Leben, aber auch um ewigen Schlaf bat, was der Herrscher im Olymp ihm gewährte. Nach Andern war die Liebe der Selene nicht so genügsam, sie soll ihn entführt und 50 Töchter mit ihm erzeugt haben. Vermählt war er mit Chromia, von welcher er drei Söhne und eine Tochter hatte. - E. ist Personification des Schlummers. Der Name heisst: »der sanft Beschleichende«. Der schlafende Jüngling ist das lieblichste Bild für den erquickenden, gesunden Schlaf. Der Berg Latmus, auf welchem er schläft, ist der Berg der Vergessenheit; und die Verbindung des Genius des Schlummers mit dem Monde erklärt sich von selbst.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 187.
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