Lemuren

[312] Lemuren (Röm. M.), bei den Latinern die Seelen der Abgeschiedenen, deren Wiederkehr man fürchtete. Sie heissen auch Larven und Laren oder Manen; die letzteren sollten die Familie beschützen, und friedliche, wohlthätige Geister sein, die ersteren aber zur Strafe auf der Erde herumwandeln, und diess waren die eigentlichen L., Poltergeister. Man hielt ihnen jährlich ein Fest, welches Lemuria hiess, welchen Namen man auch von Remus ableiten wollte. Das Fest währte vom 9. bis zum 13. Mai, und ward in drei Nächten gefeiert, so dass zwischen der ersten und zweiten, wie zwischen dieser und der dritten, immer eine freie Nacht lag, an welcher man die Geister nicht beunruhigte, der 9te, 11te und 13te aber selbst war zur Austreibung der Geister bestimmt, welches auf folgende Art geschah: Stillschweigend nahm der Hausvater schwarze Bohnen in den Mund, so viel derselbe fassen konnte, ging um Mitternacht, barfuss, schweigend und allein, auch ohne Licht, zu einem Brunnen, machte mit den Händen gewisse Zeichen, um die Gespenster von sich abzuwehren, und wusch sich dann dreimal; hierauf warf er die mitgenommenen schwarzen Bohnen hinter sich, ohne sich umzusehen und sprach dabei: »damit erkaufe ich mich und die Meinigen von euch'« dann wusch er sich nochmals und rief: »weicht, ihr Geister des Hauses!« An den Reinigungstagen waren alle Tempel geschlossen, damit die ausgetriebenen Gespenster sich nicht in denselben einnisteten.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 312.
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