Machokaël

[317] Machokaël (M. der Antillenvölker), ein gewaltiger Riese, welcher die Urmenschen bewachte. Diese waren auf der Insel Quisqueja (Haiti), in zweien Höhlen des Berges eingeschlossen, und des Riesen Aufgabe war, zu verhindern, dass sie das Licht der Sonne erblickten. Er selbst hatte sich jedoch einst zu weit von den Höhlen entfernt, um sie noch vor Aufgang der Sonne zu erreichen, und versteinerte, als diese sich aus dem Meere[317] erhob. Jetzt verliessen die Menschen von Zeit zu Zeit ihre Höhlen, doch sobald sie sich den Sonnenstrahlen aussetzten, wurden sie in Pflanzen, Thiere oder Steine verwandelt. Ein Freund und Verwandter des Oberhauptes Guagugiona ward in einen Vogel verwandelt, und rief nun seit dieser Zeit immer bei Sonnenaufgang dem Fürsten, doch vergeblich, bis dieser, voll Betrübniss über den Verlust des Freundes, denselben zu suchen beschloss, die Männer in einer der Höhlen einsperrte, mit Weibern und Kindern aber fortzog. Nach einiger Zeit verliess er auch jene, und nahm nur die Kinder mit sich; die Frauen sassen an den Ufern eines Flusses, und riefen immer Toa, Toa (Mutter)! weil sie hofften, ihre grosse Götter-Mutter würde ihnen helfen, allein die aufgehende Sonne verwandelte sie in Frösche, welche seit dieser Zeit immer Toa Toa schreien. Wohin der Kazique gekommen, weiss man nicht, die Männer aber suchten sich aus der Höhle zu befreien; es gelang ihnen, durch vorsichtige Gewöhnung an immer helleres Licht, den verderblichen Sonnenstrahlen zu entgehen; sie verbreiteten sich dann über die Insel; aus den Bäumen, in welche früher Frauen verwandelt worden, wuchsen junge liebliche Mädchen hervor: mit diesen vermählten sie sich, und so ward das Land bevölkert.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 317-318.
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