-Selig

[51] -Sêlig, ein Wort, welches mit dem folgenden Bey- und Nebenworte Eines Ursprunges ist, und an Haupt- und Beywörter gehänget wird, andere Bey- und Nebenwörter aus denselben zu bilden. Es bedeutet eine Menge, einen Reichthum derjenigen Sache, welche das Hauptwort bezeichnet. So ist im Ißländ. årsäll, reich an Getreide, segersäll, siegreich, tockasäll, gnadenreich. Im Oberdeutschen ist ein leutseliger Ort, ein volkreicher, der viele Einwohner hat, redselig, gesprächig, wortreich u.s.f. Eben diese Bedeutung des Reichthums liegt auch in den im Hochdeutschen noch üblichen Bey- und Nebenwörtern zum Grunde, glückselig, leutselig, mühselig, saumselig, trübselig, armselig, feindselig, holdselig u.s.f. viel Glück, Mühe, Armuth, Feindschaft, Huld u.s.f. habend. In gottselig scheinet es eine Ähnlichkeit zu bedeuten, welcher Bedeutung dieses Wort gar wohl fähig ist, ob sie gleich eben nicht die häufigste ist; indessen lässet es sich vermittelst einer Figur auch aus der allgemeinern Bedeutung des Besitzes erklären. Im Oberdeutschen hat man noch mehrere Wörter dieser Art, welche aber im Hochdeutschen fremd sind; z.B. rathselig, reich an gutem Rathe, friedselig, reich an friedfertigen Gesinnungen, welches auch von einigen neuern Dichtern im Hochdeutschen gebraucht worden, bittselig, eine gute Gabe zu bitten habend, gnadselig, gnädig, gnadenreich, rachselig, rachgierig, habselig, reich an Habe, daher unser Habseligkeit, lobselig, reich an Lob, und so ferner.

Anm. Im Ißländ. lautet dieses Wort säll. Die Endsylbe -ig, ist die Ableitungssylbe, daher es hier nur auf die Sylbe sel ankommt, welche eine Zahl, Menge, Verbindung, Gesellschaft, Besitz u.s.f. bedeutet. S. 1 Sahl. Mit der Ableitungssylbe der Hauptwörter -sal ist es genau verwandt, ohne eben unmittelbar von demselben abzusammen, daher auch die Schreibart sälig für selig unnöthig ist, zumahl da für -sal in vielen Fällen auch -sel üblich ist.

Die vermittelst dieses Wortes gemachten Beywörter leiden nicht nur die Comparation, sondern es können auch Hauptwörter auf -keit davon gemacht werden; Mühseligkeit, Saumseligkeit, Armseligkeit u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 51.
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