Abführen

[40] Abführen, verb. reg. act. 1) Etwas von einem Orte ab- oder wegführen, und zwar, (1) eigentlich, vermittelst eines Fuhrwerkes. Holz auf Schiffen abführen. Getreide auf Wägen abführen. (2) Durch Zeigung des Weges, Vorstellung der Bewegungsgründe u.s.f. Durch Leitung. Das Wasser von einem Orte, aus dem Flusse abführen, ableiten. Durch Befehl. Die Armee abführen, aus dem Lande. Die Wache abführen, von ihrem Posten. Mit Gewalt. Jemanden in die Knechtschaft abführen. Durch Arzeneymittel. Unreinigkeiten aus dem Leibe abführen, bey den Ärzten; daher abführende Arzeneymittel, laxantia, purgantia. Eine Abführung einnehmen, zum Abführen einnehmen. Abführende Gefäße, in den thierischen Körpern, welche Blut, Wasser u.s.f. von den Theilen ab- und nach dem Herzen zuführen, vasa abducentia. Abführende Muskeln, die von dem Mittelpuncte ab, und nach außen zu leiten, musculi abducentes. Durch Beredung, Beyspiel u.s.f. Einem die Kunden abführen, bey den Handwerkern, Kramern und Kaufleuten, sie zu sich rufen oder locken. Ferner, einen von seinem Vorhaben abführen, ihn von der Tugend, von dem Laster abführen, u.s.f. (3) * Von dem rechten Wege führen, irre führen, verführen; im Hochdeutschen ungewöhnlich. Der abgeführte Sinn, Opitz. (4) Eine Schuld abführen, sie bezahlen. (5) Einen abführen, im gemeinen Leben, ihn mit einer Beschämung fortschicken. Das heißt, oder das war abgeführt! (6) Sich abführen, in verächtlicher komischer Bedeutung, weggehen, abgehen, besonders wenn solches mit einiger Beschämung geschieht. Ich sehe, er führet sich schon ab, ohne daß ich ihn beurlaube, Weiße.


Packt seinen Kram

Hübsch wieder ein und führt sich ab,

Wiel.


2) Durch Führen, d.i. durch den Gebrauch abnützen. Ein abgeführtes, abgetragenes, Kleid. Ein abgeführtes, abgenütztes, Eisen, in den Bergwerken.

3) Völlig fertig, zur Vollkommenheit führen, ziehen. So heißt bey den Drahtziehern abführen, den aus dem Groben bis zur Dicke eines kleinen Fingers gezogenen Draht, in verschiedenen Zugeisen verfeinern, bis er die Stärke einer Stricknadel erhält; welche Arbeit wieder in das grobe und seine Abführung getheilet wird, und vermittelst der Abführeisen auf dem Abführtische geschiehet.[40]

Anm. In der R.A. sich abführen, welche heut zu Tage mit einem verächtlichen Nebenbegriffe verbunden ist, hatte das Zeitwort führen ehedem eine anständige und gute Bedeutung. Ottfried singt z.B. B. 3. K. 14. V. 17. von dem blutflüssigen Weibe:


Sie ganz sich thana fuarta,

Sie ging gesund von dannen.


Aber B. 3. K. 17. V. 87. hat es doch schon einen schimpflichen Nebenbegriff:


Sich thanana uz tho fiartun,

So sie thaz gehortun,

Sie schlichen sich (beschämt) von dannen,

Da sie dieses höreten.


Von der R.A. ein abgeführter Mann, S. Advieren.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 40-41.
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