Ameise, die

[246] Die Ameise, plur. die -n, Diminutiv. das Ameischen, Oberd. Ameislein, ein arbeitsames Insect mit pergamentenen Flügeln, welches zwischen der Brust und dem Hinterleibe eine senkrecht stehende[246] Schuppe hat, und in großer Menge in gewissen Haufen beysammen wohnet.

Anm. Ameise ist der Oberdeutsche Nahme dieses Insectes, welcher bey den Schwäbischen Dichtern Ameise, Ambeiz, Anbeiz lautet, in der Schweiz noch jetzt Ambeis ausgesprochen wird, in andern Provinzen aber Ims, Omeis, Amse, Heemschen lautet. Weil dieses Thier sehr arbeitsam ist, so haben einige, und selbst Wachter, diesen Nahmen von unmüßig herleiten wollen. Allein, zu geschweigen, daß eine solche Ableitung keine Analogie hat, so scheint das a der ersten Sylbe bloß der verkürzte Artikel ein zu seyn. (S. A.) da denn Meis der eigentliche Nahme dieses Insectes seyn würde, dessen Stammbegriff in den Nordischen Mundarten gesucht werden muß. Im Nieders. heißt dieses Thier Miere, Dän. Myre, Engl. Mire, Angels. Myra, Schw. Myra, Isl. Maura, Russ. Myrabei, Mraby, Böhm. Mrawenec, Pers. Mur, womit auch der Griechische Nahme μορμος und μορμιξ überein kommt. Ihre leitet dieses Wort von dem Isländischen mira, beißen, ab, dem das Griech. μυρω ich beiße, und μυρεω ich steche, völlig gleich ist; indem die gelben kleinern Ameisen im Beißen zugleich einen Saft in die Haut lassen, welcher ein schmerzliches Jucken verursacht, welches der gemeine Mann dem Urine dieses Insectes zuschreibet, daher diese Art desselben von ihm auch Seichamse, in Nieders. Migamke, Miegemerken, Migemken genannt wird, von miegen, seinen Urin lassen. Der Oberdeutsche Nahme kann durch eine nicht ungewöhnliche Verwandelung des r in s entstanden seyn, zumahl da auch einige Tartarische Völkerschaften für Miera, Miesa sagen; oder er ist auch auf ähnliche Art von beißen gebildet worden, welches denn die Schweizerische und Oberschwäbische Aussprache rechtfertigen würde. Für Myra sagten die Angelsachsen auch Aemet, die heutigen Engländer auch Emmet, und einige Niedersächsische Mundarten, Eempte, Eemke, Emerke.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 246-247.
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