Armuth, das

[436] Das Ármuth, des -es, plur. car. 1) Ein Collectivum, für arme Leute.


Der Wald bringt schönes Wild,

Das nicht fürs Armuth ist,

Opitz.


Wer nimmt das Armuth nun

In seinen milden Schutz?

Opitz.


Wollen wir etwa dem Armuth etwas geben? Gell. 2) Weniges Vermögen, im verringerndem Verstande. Ich habe alle mein Armuth daran gewandt.


Die Liebe,

Die ich einig mir erkiest,

Und mein reiches Armuth ist,

Opitz.


Nach meinem Tode bleibt ihr mein Bißchen Armuth gewiß, Gell. Das bewog ihn sein Bißchen Armuth mit mir zu theilen, Less. Wo aber auch das Fämin. Statt findet.

Anm. Es lautet bey dem Kero Armida, bey dem Ottfried Armuat, bey dem Notker Armuotigi, in den gemeinen Mundarten Armet, in den niedrigsten Sprecharten Armuthey, Armedey, Angelsächs. Yrmth, Yrmthe, Ermth, Isländ. Armaeda. Schwed. und Dänisch Armod. Frisch behauptet nicht ohne Grund, daß die letzte Sylbe dieses Wortes aus der abstracten Ableitungssylbe -de, Ärmde, entstanden. Indessen kann sie auch von heit abstammen, weil Notker wirklich Armheit gebraucht. Wenn aber Frisch daraus schließen will, daß das th am Ende unnöthig sey, so irret er, weil aus de wohl the, aber nicht te werden kann. Eben so unrecht ist er daran, wenn er das Armuth, als ein Collectivum, für einen Idiotismum der Niedersachsen hält, indem bey diesen das Collectivum vielmehr weiblichen Geschlechtes ist. Armuth war ehedem im Oberdeutschen auch für paupertas sehr oft ungewissen Geschlechtes. Opitz gebraucht es so, und Sprw. Sal, 10, 15. heißt es gleichfalls: die Armen macht das Armuth blöde; anderer Stellen in Luthers Übersetzung zu geschweigen. Indessen gebraucht doch Ottfried Armuth, für die Armen, im weiblichen Geschlechte. Odo inan thie armuati uuiht irbarmeti, oder ihn der Armuth in etwas jammert, B. 4, Kap. 2. In der veralteten figürlichen Bedeutung für Elend, Gefahr, kommt Armuati in dem Fragmente de bello Caroli bey dem Schilter vor.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 436.
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