Ausstreichen

[659] Ausstreichen, verb. irreg. (S. Streichen,) welches in doppelter Gattung gebraucht wird.

I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, auswärts streichen, d.i. flüchtig herum gehen, im gemeinen Leben. Er streicht bey Nacht aus.


Der ein ist wie ein Löw erhitzt,

Der auf den Raub pflegt auszustreichen,

Opitz.


Bey den Jägern bedeutet es gegen Abend auf den Lerchenstrich gehen; ingleichen schnell laufen, von den Hunden. In dem Bergbaue bedeutet das Ausstreichen des Ganges so viel als dessen Ausgehen, wo er an der Oberfläche zum Vorscheine kommt. Der Gang streicht zu Tage aus.

II. Als ein Activum. 1. Mit Streichen aus einem Orte treiben. Einem Dieb ausstreichen, für das niedrigere auspeitschen. 2. Aus einander streichen, eben streichen, gehörig streichen. Die Weißgärber streichen die Felle aus, wenn sie selbige nach dem Walken mit dem Streicheisen reinigen. Dagegen es bey den Lohgärbern so viel als ausstoßen oder von dem Fleische reinigen ist. Die planirten Bogen ausstreichen, eben streichen, bey[659] den Buchbindern. 3. Mit Strichen auslöschen. Eine Stelle in einem Briefe, ein Wort, eine Schuld ausstreichen. 4. Durch Streichen aushöhlen. Die Furchen mit dem Pfluge wohl ausstreichen, in der Landwirthschaft. 5. Heraus streichen, d.i. gleichsam bestreichen oder bemahlen, um öffentlich gesehen zu werden, in der figürlichen R.A. einen, oder etwas ausstreichen, sehr loben; wofür man aber im Hochdeutschen lieber heraus streichen sagt, obgleich auch dieses nur in den gemeinen Umgang gehöret. Indessen gebraucht doch Opitz dieses Wort sehr oft in dem anständigsten Zusammenhange, selbst von Gott, für preisen. Z.B.


Du des Levi werthes Haus

Streich des Herren Lob heraus,

Ps. 135.


Und an einem andern Orte:


Streicht löblich aus dem Herren seine Werke.


Frisch führet aus Kaiserbergs Post. Bl. 18 folgende Stelle an, welche den Ursprung dieser figürlichen R.A. anzeiget: Das Buch ist so hübsch gerubrizirt und ausgestrichen; wo ausstreichen so viel als mit Farben auszieren bedeutet. So auch die Ausstreichung in den fünf ersten Bedeutungen des Activi.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 659-660.
Lizenz:
Faksimiles:
659 | 660
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika