Buße, die

[1277] Die Buße, plur. die -n, von dem folgenden Verbo büßen. 1. * Die Verbesserung einer verdorbenen Sache, im eigentlichsten Verstande, und ohne Plural. In dieser im Hochdeutschen veralteten Bedeutung gebraucht nicht nur Kero schon Puazza, sondern es kommt auch dieselbe noch hin und wieder im Oberdeutschen vor, wo z.B. die Bußwürdigkeit der Wege, die Nothwendigkeit ist, solche auszubessern. Besonders gebrauchte man es ehedem für allerley Art der Hülfe.


Ob er besteckt mit seinem füeß,

So thu im deß halben khein pueß,

Theuerd.


keine Hülfe. Das im wurde buoz und heil an sinem fuoz getan, Fabeln der Schwäb. Dicht. Fab. 47. Bey dem Hornegk heißet daher auch ein Arzeneymittel Puezz.

2. Verbesserung, d.i. Ersetzung eines zugefügten Schadens, oder einer angethanen Beleidigung. 1) * Überhaupt, in welcher, im Hochdeutschen gleichfalls veralteten Bedeutung dieses Wort in den mittlern Zeiten häufig vorkommt.


O we truren und klagen

Wi sol mir din mit froiden werden iemer buos,

Reinmar der Alte,


wie soll mir für dich jemahls mit Freuden Vergütung geschehen?


Die ich da minne uad miden muos

Hat mir sorgen viel gegeben

Der mir niemer wirdet buos,

Rudolph von Rotenburg,


die mir nie vergütet werden. 2) Besonders. (a) Im rechtlichen Verstande, da Buße diejenige gerichtliche Genugthuung bedeutet, welche man dem beleidigten Theile geben muß, besonders, wenn sie in Gelde geschiehet; im Gegensatze der Brüche und Wette, welche für die Übertretung des Gesetzes an den Richter bezahlet wird. In dieser Bedeutung ist es noch in Niedersachsen, im Hochdeutschen aber auch unter den Handwerkern üblich, wo Bußen mehrmahls Geldstrafen bedeuten. In weiterer Bedeutung führet auch, besonders im gemeinen Leben, eine jede Strafe diesen Nahmen, wenn sie gleich nicht in Gelde, noch an den Beleidigten gegeben wird. Einem eine Buße auflegen. Kirchenbuße. Ich will mir die schrecklichsten Bußen auflegen, Weiße. Der soll sein Urtheil um der That willen haben, es sey zum Tod, oder in die Acht, oder zur Buße am Gut, oder ins Gefängniß, Esr. 7, 26. Darzuo wart ir buos gegeben, ward ihr zur Strafe auferlegt, in der 44ten Fab. der Schwäb. Dichter. Ja es bedeutet auch zuweilen so viel als eine jede Bezahlung, doch nur in den Zusammensetzungen Einbuße und Zubuße. (b) Im theologischen Verstande, die Genugthuung für begangene Sünden durch verdienstliche gute Werke. In diesem Verstande[1277] kommt des Wort in der Römischen Kirche sehr häufig vor, wo die Buße auch ein Sacrament ist. Einem eine Buße auflegen, oder etwas zur Buße auflegen. In der Protestantischen Kirche hat man dieses Wort behalten, aber einen andern Begriff damit verbunden; denn da ist Buße nichts anders, als die schmerzhafte Reue über die begangenen Sünden, so fern sie mit der Besserung des Lebens verbunden ist, und in dieser Bedeutung ist der Plural ungebräuchlich. Buße thun. Eine ernstliche, rechtschaffene Buße. Deine Buße ist nicht rechter Art.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Kero Puazza, bey dem Notker Buozzo. Beyde gebrauchen es für Verbesserung, der letzte aber schon für poenitentia. Die Oberschwaben sprechen dieses Wort noch jetzt Buaß aus, um welches alten Doppellautes willen es im Hochdeutschen auch ein langes u hat, dagegen andere Mundarten es mit einem kurzen u Busse sprechen. Die Nieders. Mundart hat hier statt des Zischlautes ein t, Bote, Schwed. Bot, Dän. Boed, Bod, Angels. Bot, Engl. Bote, Holländ. Boete. So fern dieses Wort eine Geldstrafe bedeutet, kommt es mit dem Latein. Emenda, und dem Franz. Amende überein, welche eigentlich gleichfalls eine Verbesserung bedeuten. S. das folgende.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1277-1278.
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