Darauf

[1391] Dārauf und Daraūf, adv. demonstrativo-relativum, des Ortes, für auf diesem, auf dieses, auf dasselbe, auf demselben. Es ist,

1. Ein Adverbium demonstrativum, da es den Ton auf der ersten Sylbe hat, und gern zu Anfange eines Satzes, oder doch in dem Vordersatze stehet. Es bezeichnet, 1) ein Seyn oder Handeln an und über der Oberfläche einer Sache. Darauf setze dich. Darauf sollst du liegen. Dieß ist der rechte Weg, darauf wandele. Hier ist ein Stecken, darauf sollst du reiten. Und fand einen Altar, darauf war geschrieben u.s.f. Apostelg. 17, 27. Darauf räuchertest du. 2) Eine Bewegung nach der Oberfläche einer Sache, ingleichen, die Richtung des Gemüthes auf einen Gegenstand und nach demselben. Darauf[1391] siehe. Darauf mußt du hören. Darauf denke ich eben. Darauf verstehe ich mich vortrefflich. Darauf kann man sich verlassen. Darauf lasse ich mich nicht ein. Darauf darfst du eben nicht eifersüchtig seyn. Es kommt nur noch darauf an, ob er seinen Willen dazu geben wird. Darauf soll es mir nicht ankommen. 3) Den Bewegungsgrund, die Ursache einer Handlung, oder einer Bewegung des Gemüthes. Er hat ein gutes Herz, und darauf ist er stolz. Darauf darfst du dir nichts einbilden. 4) Einen Endzweck. Darauf gehet er eben aus. Darauf ist die ganze Sache angefangen. Es ist bloß darauf angefangen, mich um das Meinige zu bringen. Unrichtig ist es daher, wenn in dieser anzeigenden Bedeutung von den Dichtern die erste Sylbe dieses Wortes kurz gebraucht wird.


Nur weich darauf zu sitzen,

Zu sorgen nicht, zu prangen,

Darauf ists angefangen,

Logau,


wo das zweyte darauf hierher gehöret, welches in seiner ersten Hälfte nicht hätte sollen kurz gemacht werden. 5) Eine Zeitfolge, für nach diesem, hierauf, wo es zugleich die Stelle eines Bindewortes vertritt. Darauf ging der Streit wieder an. Darauf entstand ein Lärmen. In diesem Falle kann darauf ohne Unterschied für hierauf gebraucht werden.

2. Ein adv. demonstrativo-relativum, welches den Ton auf der letzten Sylbe hat, und gerne im Nachsatze, wenigstens nie zu Anfange eines Satzes stehet. Es bedeutet, 1) ein Seyn oder Handeln an und über der Oberfläche einer Sache. Die Katze sitzt nicht auf dem Baume, aber der Vogel sitzt darauf. Hier ist ein Clavier, spiele darauf. Du suchest das Pferd, und sitzest doch darauf. 2) Eine Bewegung nach der Oberfläche einer Sache, ingleichen, die Richtung des Gemüthes auf einen Gegenstand, und überhaupt den Gegenstand einer Handlung. Der Tisch ist naß, lege dich nicht darauf. Hier stehet ein Stuhl, setze dich darauf. Hast du eine Wunde, so lege ein Pflaster darauf. Gehe nur gerade darauf zu. Legen sie noch einen Gulden darauf. So auch figürlich. Ich habe ihm Geld darauf gegeben. Ich kann nicht darauf kommen, ich kann mich nicht darauf besinnen. Wie kamen sie darauf, wie fiel ihnen das ein? Er ist zornig, neidisch, eifersüchtig darauf. Denke doch darauf. Weißt du auch, daß der Galgen darauf stehet? daß dieses Verbrechen mit der Strafe des Gelgens bedrohet ist. Ich will mich mit allem Fleiße darauf legen. Ich sehe, ich höre nicht darauf. Merke doch darauf. Warte darauf. Helfen sie mir doch darauf, geben sie mir Gelegenheit, mich darauf zu besinnen. Er bestehet darauf. Er verstehet sich sehr gut darauf. Ich habe lange darauf geantwortet. Kann ich mich darauf verlassen? Hoffe nicht darauf, rechne nicht darauf. Ich wollte viel darauf wetten. Und in so vielen andern Fällen mehr. Wenn von einer heftigen Handlung die Rede ist, so werden im gemeinen Leben noch die Wörter zu, los, hinein u.s.f. hinzu gesetzet. Darauf los arbeiten, darauf zuschlagen, darauf los schlagen, darauf los borgen u.s.f. Doch drücket darauf zu auch nur eine bloße Bewegung nach einem Orte aus. Gehe gerade darauf zu. Wir fuhren gerade darauf zu. 3) Eine Gegenwart bey einer Handlung, doch nur in einigen Fällen. Ich war nicht auf der Jagd, aber mein Freund war darauf. Gestern war Ball, bist du auch darauf gewesen? S. Auf. 4) Den Bewegungsgrund, die Ursache einer Handlung. Er bildet sich viel darauf ein. Ich bin stolz darauf. 5) Einen Endzweck. Es war darauf angefangen. Er ist schon lange darauf ausgegangen. 6) Eine Zeitfolge. Wir aßen und darauf gingen wir spazieren. Man hat mich betrogen und darauf gar um das Meinige gebracht.[1392] Wenn die Zeit bestimmt ist, so tritt darauf hinter das Substantiv, welches alsdann in der ersten Endung stehet. Wenige Tage darauf. Sechs Monathe, vier Wochen darauf. Eine Stunde darauf. Den Tag darauf, als ich dich sahe. In einigen Fällen, besonders wenn kein Zahlwort dabey ist, hat auch die zweyte Endung Statt. Tages darauf. Des Abends, des Morgens darauf. Abends, Morgens darauf. Des Mittags darauf. Aber nicht der Stunde, oder der Woche darauf, sondern die Stunde u.s.f.

Anm. 1. Mit einigen Verbis, wo die Beziehung dieses Wortes dunkel ist, entstehen allerley figürliche R.A. Dahin gehöret besonders das Zeitwort gehen. Aller Wein ist darauf gegangen, ist ausgetrunken worden. Er mußte darauf gehen, sterben. Er wird wohl darauf gehen, sterben. Sein Bißchen Ehre mag immer darauf gehen, Less. sie mag bey dieser Gelegenheit immer verloren gehen. Und wenn auch mein ganzes Vermögen darauf ginge, wenn mir diese Sache auch mein ganzes Vermögen kosten sollte.

Anm. 2. Darauf lässet sich nicht in allen den Fällen gebrauchen, wo man die Redensart mit auf diesem, auf demselben auflösen kann. Man sagt ganz richtig, du warest auf dem Rathhause, aber ich war nicht auf demselben, wir wohnen nicht auf dem Lande, sondern wir bleiben nur den Sommer über auf demselben; aber nicht, du warst auf dem Rathhause, aber ich war nicht darauf, wir wohnen nicht auf dem Lande, sondern wir bleiben nur den Sommer darauf. Noch unverzeihlicher ist es, wenn man diese Partikel für auf dasjenige braucht. Darauf, was neulich berichtet ist, dienet zur Antwort. Derjenige, diejenige, dasjenige, ist eines von denen Fürwörtern, die sich durch keine dieser Partikeln ersetzen lassen; S. Da II.

Anm. 3. Auch ist es wider die Natur aller dieser Partikeln, das bloße Relativum welcher auszudrucken; daher man niemahls darauf für worauf sagen sollte, so oft solches auch geschiehet. Der Sattel, darauf er reitet, 3 Mos. 15, 9. Alle Lager, darauf er lieget, und alles, darauf er sitzet, V. 4. Wer anrühret irgends was, darauf sie gesessen hat, V. 22. Einen Altar mache mir, darauf du dein Brandopfer opferst, 2 Mos. 20, 24. Und so in andern Stellen mehr, wo diese Partikel unrichtig für worauf stehet.

Anm. 4. Bey allen Partikeln dieser Art ist die Verdoppelung des Vorwortes ein Fehler, wie schon bey dem Worte Da angemerket worden; z.B. auf welch Land der Herr dein Gott Acht hat, und die Augen des Herren – immerdar darauf sehen, 5 Mos. 11, 12. Auf dero letzt gethane Frage, darauf dienet zur Antwort u.s.f.

Anm. 5. Im gemeinen Leben wird diese Partikel, wenn sie zugleich relativ ist, sehr oft in drauf zusammen gezogen. Und satzte sich drauf, Matth. 28, 2. Dem der drauf saß, Offenb. 6, 4. Und legte die Decke oben drauf, 2 Mos. 40, 19. Drauf schwiegen sie und sahn einander an, Gell.


Und bey dem heftigen Beginnen

Geht unsre Lust am ersten drauf,

Rost.


Anm. 6. Schon Ottfried gebraucht tharuf von einem Orte, und B. 4, Kap. 7, V. 113 kommt bey ihm sogar das zusammen gezogene drof in der Bedeutung einer Zeit für ferner vor:


Inthabe, quad er zi iru, thih,

Drof ni ruari thu mih,


enthalte dich, sprach er zu ihr; rühre mich ferner nicht an. Im Angels. lautet diese Partikel daerof. S. Da II. und Auf.

Dāraus und Darāus, adv. demonstrativo-relativ. für aus diesem, aus demselben. Es ist, wie alle Partikeln dieser Art,[1393]

1. Ein Demonstrativum, da es den Ton gleichfalls auf der ersten Sylbe hat, und gerne zu Anfange eines Satzes stehet. Es bedeutet, 1) eine Bewegung nach einem Orte; doch mehr figürlich, als eigentlich. Habe Friede, daraus wird dir viel Gutes kommen, Hiob 22, 21. Du wirst sehen, was daraus kommen wird. Daraus entspringen alle Laster. Daraus kann nichts Gutes kommen. Daraus folgt, daß u.s.f. 2) Die Materie, den Stoff, aus welchem etwas geworden, oder entstanden ist, so wohl eigentlich als figürlich. Daraus kann ich nichts machen. Was sollte ich daraus machen? Und ich warfs (das Gold) in das Feuer, daraus ist das Kalb worden, 2 Mos. 32, 24. Daraus darfst du eben kein Geheimniß machen. Was soll denn daraus werden? 3) Den Grund der Erkenntniß. Das kannst du daraus abnehmen. Daraus läßt sich schließen, urtheilen u.s.f.

2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der letzten Sylbe hat, und alle Mahl hinter einem oder mehrern Wörtern stehet. Es bedeutet auch hier, 1) eine Bewegung aus einem Orte; doch nicht so wohl eigentlich, in welcher Bedeutung heraus üblicher ist, als vielmehr figürlich. Es ist eine verwirrte Sache, es kann niemand daraus kommen, wo vielleicht auch heraus schicklicher ist. Alles dieses folget daraus. Es ist viel Unglück daraus entsprungen. 2) Die Materie, den Stoff, einer körperlichen oder unkörperlichen Sache. Du machst eine Gewohnheit daraus. Beschließet einen Rath, und werde nichts daraus, Es. 8, 10. Ich mache mir nichts daraus, ich achte es nicht. Ich weiß nicht, was ich daraus machen soll, was ich davon urtheilen soll. 3) Den Grund der Erkenntniß, eines Urtheiles. Das hättest du längst daraus schließen können. Ich sehe daraus, daß ihm nicht zu trauen ist.

Anm. Fast alles, was bey dem vorigen Worte angemerket worden, lässet sich auch auf dieses anwenden. Der bloß relative Gebrauch, für woraus, ist auch hier nicht selten. Das Land, daraus du uns geführet hast, 5 Mos. 9, 28. Der Becher, daraus ich getrunken habe, für woraus. Sie begaben sich nach – von daraus sie an ihre Zurückberufung arbeiteten, ist doppelt fehlerhaft, weil auch hier nicht einmahl woraus stehen kann; besser, und arbeiteten von hieraus an u.s.f. Im gemeinen Leben wird es häufig in draus zusammen gezogen, und alsdann wird zuweilen noch ein zweytes da fehlerhaft vorgesetzet; da draus wird nichts, für daraus. In dem Fragmente eines alten Gedichtes auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter lautet dieses Wort cha uz und thar uz, in dem Gedichte auf den heil. Anno diuruz, und bey den Schwäbischen Dichtern dar us. S. Da II. und Aus.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1391-1394.
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