Gesell, der

[621] Der Gesell, des -en, plur. die -en, Fämin. die Gesellinn, plur. die -en. 1) * Eigentlich, eine Person, welche mit einer andern einerley Reise verrichtet; eine veraltete Bedeutung, wofür Gefährte üblicher ist. In den Schriften der vorigen Jahrhunderte kommt es in diesem Verstande häufig vor. Figürlich ehedem auch, was mit einem andern Dinge zugleich da ist, dasselbe gleichsam begleitet. Der Donner ist des Blitzes Gesell, Hiob 36, 33. 2) * In weiterer Bedeutung, der mit einem andern gleiches Standes und gleicher Würde ist, ein Genoß; eine ehedem sehr übliche, jetzt aber gleichfalls veraltete Bedeutung. In dem Schwabenspiegel werden die Mit-Churfürsten der andern Gesellen genannt. Auch in der Deutschen Bibel ist es in dieser Bedeutung nicht selten. 3) Ein Gehülfe; welche Bedeutung sich nur noch bey den Handwerkern erhalten hat, welche ihre Gehülfen Gesellen zu nennen, und dadurch solche Handwerksgenossen zu bezeichnen pflegen, welche die Lehrjahre überstanden haben, aber noch nicht Meister geworden sind. Einen Lehrling zum Gesellen machen. Gesell werden. Gesellen halten. Ein Schneidergesell, Tischlergesell u.s.f. Bey einigen Handwerkern, z.B. bey den Bäckern, Fleischern, Schmieden und Schustern werden die Gesellen Knechte, bey den Müllern und einmännischen Tuchmachern Knappen, bey den Tuchscherern aber Scherkinder genannt; S. diese Wörter. 4) Der mit einem andern in Verbindung stehet, und in noch weiterer Bedeutung, der einige Umstände mit ihm gemein hat, in Ansehung dieser Umstände; ein Compagnon. Auch in diesem Verstande ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man es nur noch im Bergbaue gebraucht, wenn die Zahl der Theilhaber an einer Zeche unter acht ist, da sie denn nicht Gewerken, sondern Gesellen genannt werden. S. Gesellenbau und Gewerkschaft. Auch kommt es noch zuweilen im gemeinen Leben in den Zusammensetzungen Spielgesell, Schlafgesell, Stubengesell, Schulgesell, Tischgesell, Diebsgesell, u.s.f. vor. 5) Ein Mensch, in verächtlichem Verstande, und mit Vorwörtern. Ein fauler, ein liederlicher Gesell. Besonders wurde es ehedem von jungen Leuten männlichen Geschlechtes gebraucht, wovon noch das Wort Junggesell übrig ist.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ottfried Gisello, bey dem Notker Kesello, bey dem Willeram Gessello, im Holländ. nur Selle, im Schwed. Saelle, Gesaell. Frisch leitet es sehr gezwungen von Seil, Wachter und Ihre aber von sellen, sich versammeln, her, welches sie wiederum von Sal, Haus, abstammen lassen, gleichsam, sich unter einem Dache versammeln. Es wurde ehedem sehr häufig von gemeinen Soldaten für Kamerad gebraucht, S. Spießgesell; und dieß hat, wie schon Frisch vermuthet,[621] Gelegenheit gegeben, daß das Wort in seinen meisten Bedeutungen so verächtlich geworden ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 621-622.
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