Gewand (2), das

[655] 2. Das Gewand, des -es, plur. die -wänder. 1) Ein jedes Gewebe, ein jeder Zeug, er bestehe aus Wolle, Seide oder Garn, besonders so fern er zu Kleidungsstücken bestimmet ist; ohne Plural. In dieser weitesten Bedeutung, in welcher es nur noch zuweilen in der höhern Schreibart gebraucht wird, kommt das einfachere Wand nur noch in dem zusammen gesetzten Leinwand vor. 2) In engerer Bedeutung, ein wollenes Gewebe, Tuch; gleichfalls ohne Plural, außer von mehrern Arten und Quantitäten. Auch in dieser Bedeutung ist Gewand so wohl, als das einfachere Wand den Hochdeutschen ziemlich fremd, nicht aber den Ober- und Niederdeutschen. Besonders ist Wand und Gewand in Niedersachsen für wollenes Tuch noch völlig gangbar. S. Gewandschneider. 3) Ein Kleid, ein Kleidungsstück besonders ein solches Kleidungsstück, welches zur Bedeckung größerer Theile des Leibes bestimmt ist. Simson schlug dreyßig Philister und nahm ihr Gewand, Richt. 14, 19. Sie theilen meine Kleider unter sich und werfen das Loos um mein Gewand, Ps. 22, 19. Sie werden veralten wie ein Gewand, Ps. 102, 27. Warum ist denn dein Gewand so rothfarb? Es. 63, 2. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen nur in der höhern Schreibart üblich.


Kaum hatte noch des Schneiders Hand

Dem Affen ein erflickt Gewand

Von bunten Flecken umgehangen,

Gell.


Doch gebrauchen es die Mahler und Bildhauer noch von allen, besonders weiten Kleidern und Kleidungsstücken, womit die Figuren bekleidet werden; Franz. Draperie. Die Mahler müssen die Gewänder nach den herrschenden Moden der Zeit einrichten. Die Gewänder müssen der natürlichen Bewegung des Körpers folgen. S. auch Meßgewand, Niederwand.

Anm. In den gemeinen Mundarten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes nur Wand. In Österreich und Baiern ist auch das Zeitwort gewanten, bekleiden, üblich. Das n ist bloß um des Wohllautes willen eingeschoben. Die ältesten Mundarten sagten nur War, welches noch in einigen Gegenden, besonders Niedersachsens, üblich ist, und so wohl ein Kleidungsstück, als auch wollenes Tuch bedeutet. S. Heergewette. Bey dem Kero bedeutet Keuuat, im Angels. Waeda, Gewaeda, im Engl. Weed, im Isländ. Vad, im Schwed. wad, bey dem Ulphilas Vastja (S. Weste,) so wohl ein Kleid, als Tuch; und bey dem Kero ist uuattun, bey dem Willeram uuaten, und bey dem Ulphilas vastja, kleiden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 655.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: