Gewohnheit, die

[673] Die Gewohnheit, plur. von dem Neutro gewohnen. 1) Als ein Abstractum und ohne Plural, die Fertigkeit zu freyen Veränderungen einer Art, ohne Bewußtseyn der Bestimmungsgründe. Wenn man eine Sache sehr oft thut, so wird endlich eine Gewohnheit daraus. Die Gewohnheit wird zur andern Natur. Etwas in Gewohnheit oder in der Gewohnheit haben, im gemeinen Leben. Es ist seine Gewohnheit so. Er blieb über seine Gewohnheit aus. Das ist wider meine Gewohnheit. Etwas aus bloßer Gewohnheit thun. In der Gewohnheit bleiben. Es bestehet nur in der Gewohnheit. Was thut Gewohnheit nicht? Das ist der Gewohnheit gemäß. Manchem ist das Stehlen zur Gewohnheit geworden. Gewohnheit macht den Fehler schön, Gell. Zuweilen auch in weiterer Bedeutung, eine jede oftmahlige Wiederhohlung einer und eben derselben Handlung. Das ist längst aus[673] der Gewohnheit gekommen. 2) Als ein Concretum, freye Veränderungen einer Art ohne deutliches Bewußtseyn. Eine Gewohnheit an sich haben, an sich nehmen, ablegen. Üble Gewohnheiten an sich haben. Die Einbildung verleitet uns oft, daß wir Gewohnheiten für Gründe ansehen. In Absicht ganzer Gesellschaften sind Gewohnheiten eingeführte Arten des Verhaltens, welche man aus Nachahmung anderer beobachtet, ohne sich weiterer Gründe bewußt zu seyn; Moden. Blinde Gewohnheiten, welche bloß aus Nachahmung anderer oder aus Erwartung ähnlicher Fälle geschehen. In den Rechten ist die Gewohnheit und das Gewohnheitsrecht ein Recht, welches durch einen langen Gebrauch eingeführet worden. S. Herkommen. Anm. Schon bey dem Kero Keuuonaheit, Wonaheit, bey dem Ottfried Giouuonaheit, im Tatian Giuuoni, im Schwabensp. Wonheit, im Nieders. Wente, Woonte, Waante, Waanheit, Wenst, Gewenst, im Schwed. Wana, im Isländ. Vandi.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 673-674.
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