Gift (2), das

[686] 2. Das Gift, des -es, plur. inus. außer von mehrern Arten und Quantitäten, die -e, ein jedes Ding, welches, wenn es in den Körper eines lebendigen Geschöpfes gebracht wird, den Tod desselben verursacht.

1. Eigentlich. Ein geschwindes Gift, welches geschwinde wirket, im Gegensatze eines langsamen. Arsenik ist das unumschränkteste Gift des ganzen Thierreiches. Jemanden Gift beybringen; im gemeinen Leben, ihm Gift geben. Jemanden mit Gift vergeben. Die besten Arzeneymittel können zuweilen zu einem wahren Gifte werden. Gift mischen, Gift bereiten, um es andern beyzubringen, S. Giftmischer.


Der Weisheit Honig liegt oft nahe bey den Giften,

Dusch.


Das Gift, welches verschiedene Arten von Thieren bey sich führen sollen, ist bey den meisten nichts als ihr Speichel, der, wenn das Thier in einen hohen Grad erzürnt wird, auch von sonst unschädlichen Thieren tödtlich wird. In engerer Bedeutung führet der Arsenik und Hüttenrauch so wohl im Hüttenbaue, als auch im gemeinen Leben nur schlechthin den Nahmen des Giftes. S. einige der folgenden Zusammensetzungen.

2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) Eine jede Sache, welche nicht nur dem Körper, sondern auch dem ganzen Zustande des Menschen sehr schädlich ist, sehr nachtheilige Veränderungen in demselben hervor bringet. Der Wein ist Kindern[686] ein Gift. Ein Verstand, der der Tugend des Herzens nicht aufhilft, ist kein Gut, er ist vielmehr ein Gift der Seele, Gell. 2) Boßheit, hoher Grad der mit Zorn verbundenen Begierde andern zu schaden, im gemeinen Leben. Es steigt ihm der Gift auf. Gift und Galle ausspeyen. Wo es nur im männlichen Geschlechte üblich ist.

Anm. Bey dem Stryker Gifte, im Schwabensp. Vergift, im Nieders. Schwed. Dän. Angels. gleichfalls Gift, im Angels. auch Gife, Geof, im Böhm. Ged. Es stammet gleichfalls von geben her, wie das vorige, und bedeutet eine solche tödtende Sache, welche jemanden von einem andern gegeben, d.i. beygebracht wird, in welcher Bedeutung auch noch vergeben üblich ist, S. dasselbe. Notker braucht dafür noch Eitter.

Dieses Wort kommt, selbst im Hochdeutschen, in allen dreyen Geschlechtern vor. Im männlichen brauchen es Canitz, und Günther. Auch Dusch singt:


In jeder bösen Handlung liegt ein verborgner Gift.


Das weibliche hat Stryker, die Gifte. Die Zunge ist voll tödtlicher Gift, Jac. 3, 8.


Die süße Gift der schnöden Eitelkeit,

Opitz.


Dieses letztere Geschlecht ist der Analogie des vorigen Wortes nach das richtigste; indessen ist doch im Hochdeutschen das ungewisse das gewöhnlichste.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 686-687.
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