Hof, der

[1232] Der Hof, des -es, plur. die Höfe, Diminut. das Höfchen, Oberd. Höfelein, Höflein.

1. Eigentlich, ein umzäunter, mit einem Zaune, Gehäge, mit einer Mauer, oder auf ähnliche Art befriedigter oder umschlossener oben offener Platz. 1) Überhaupt, in welchem Verstande dieses Wort nur noch in einigen Fällen üblich ist. Im Nieders. ist Hof so viel als ein Garten, daher ein Apfelhof, Blumenhof, Baumhof, Grashof, Küchenhof, daselbst einen Obstgarten, Blumengarten, Baumgarten, Grasgarten, Küchengarten bedeuten. Ein Gottesacker oder Kirchhof kommt in den mittlern Zeiten häufig unter dem Nahmen eines Hofes vor, auch wenn er sich nicht unmittelbar an und neben einer Kirche befindet.[1232] In den Zusammensetzungen Bauhof, Zimmerhof, Pichhof, Schützenhof u.s.f. kommt diese Bedeutung auch im Hochdeutschen noch vor, oben offene aber mit Gebäuden oder Mauern zu einem gewissen Gebrauche eingeschlossene Plätze zu bezeichnen. 2) Besonders, ein solcher umschlossener freyer Platz an oder in einem Gebäude; bey dem Notker Hove, im Tatian Hoff und Of, im Lat. Cors, Cohors, im mittlern Lat. Curia, Curtis, im Franz. Cour, im Ital. Corte. Du sollst auch der Wohnung einen Hof machen, 2 Mos. 27, 9. Der große Hof an dem Pallaste Salomonis, und der Hof am Hause des Herren, 1 Kön. 7, 12. Der Vorhof, der Hof vor einem Gebäude, im Gegensatze des Hinterhofes. Der Klosterhof, Schloßhof, Kirchhof, der Domhof, der Schützenhof u.s.f. einen solchen Platz an oder in einem Kloster, an oder in einem Schlosse, neben einer Kirche, an dem Dome, bey einem Schützenhause u.s.f. zu bezeichnen. In noch engerer Bedeutung, ein solcher eingeschlossener Platz an einem jeden Wohnhause. Ein Haus mit einem Hofe. Das Haus hat keinen Hof. Besonders auf dem Lande, zum Behufe der Landwirthschaft; der Viehhof, oder Misthof, im Osnabrück. die Wehr. Ein geräumiger, ein enger Hof. Auf den Hof, in den Hof gehen. Die Zimmer gehen in den Hof. 3) Figürlich. Der Hof um den Mond, um die Sonne, ein heller runder Kreis um den Mond, um die Sonne, und zuweilen auch um einen andern Stern, welcher durch die Brechung der Lichtstrahlen in unserer Atmosphäre entstehet, wenn sie mit vielen Dünsten angefüllet ist: Halo. Andere nennen ihn die Krone. Auch der Kreis um die Brustwarze des weiblichen Geschlechtes, welcher sich durch seine Farbe von dem übrigen Theile der Brust unterscheidet, wird der Hof, und von andern die Krone genannt.

2. In weiterer Bedeutung, ein Gebäude mit einem Hofe und den dazu gehörigen Grundstücken. 1) Überhaupt, wo es ehedem besonders von ansehnlichen Gebäuden gebraucht wurde. Im Schwed. und Isländ. bedeutete Hof ehedem ein Götzenhaus, einen Götzentempel. In den Zusammensetzungen Gasthof, Jägerhof, Jagdhof, Pfarrhof für Pfarrhaus, Herrenhof u.s.f. hat sich diese Bedeutung noch erhalten. In manchen Städten werden große Wohnhäuser mit ansehnlichen Höfen noch jetzt Höfe genannt; dergleichen Auerbachs Hof, Kochs Hof, Homanns Hof u.s.f. in Leipzig sind. 2) Besonders. (a) Eine Wohnung auf dem Lande mit den dazu gehörigen Gebäuden und Grundstücken, an Äckern, Wiesen u.s.f. im mittlern Lat. Curia, Curtis, Hortis, Hovia, Hobunna, Hova. Jesus kam zu einem Hofe, der hieß Gethsemane, Matth. 26, 36. Wo dieses Wort dem heutigen Gebrauche nach bald ein jedes Landgut bedeutet, es sey ein Bauerhof, ein Freyhof, ein Meyerhof, ein Zinshof, oder ein Diensthof; bald in engerm Verstande einen Bauerhof oder ein Bauergut, da es denn wiederum unter verschiedenen Einschränkungen gebraucht wird. An einigen Orten wird ein jedes Bauergut, welches Ackerbau hat, ein Hof genannt. An andern Orten führen nur die Güter der Vollbauern, oder der Bauern im engsten Verstande, den Nahmen der Höfe, und in dieser Bedeutung sagt man, daß ein Dorf zehn, zwölf u.s.f. Höfe habe. Im Braunschweigischen begreift ein Hof noch Ein Mahl so viel Acker, als ein Hüfnergut. In der Grafschaft Mark hingegen bestehet ein Hof oft aus zehen, zwanzig und mehr Haushaltungen. So gehören z.B. zu dem Kirchspiele Libberhausen in dieser Grafschaft außer dem Kirchdorfe 16 Höfe, welche 130 Haushaltungen enthalten. (b) In höherm Verstande, ein Herrenhof, d.i. die Wohnung des Grund- oder Gerichtsherren auf dem Lande, theils allein, theils mit Einschluß aller dazu gehörigen Güter und Gerechtigkeiten. Im erstern[1233] Verstande, wo es die Wohnung mit allen dazu gehörigen Gebäuden begreift, ist es auf dem Lande sehr häufig, wo ein solcher adeliger Hof oder Herrenhof nur der Hof schlechthin genannt wird. Zu Hofe dienen, dem Grundherren die schuldigen Frohndienste leisten, fröhnen. Zu Hofe dreschen, pflügen u.s.f. zur Frohne. Im zweyten Falle kommt es vorzüglich noch in Westphalen vor, da es denn noch ein Überbleibsel des zu den Zeiten der Fränkischen Könige üblichen Gebrauches ist, seine Ländereyen nebst den Gerechtigkeiten in gewisse Höfe zu vertheilen, welche, so fern sie den Königen gehöreten, Königshöfe, im mittlern Lateine aber Curiae oder Curtes regales, so fern sie aber andern Herren zuständig waren, Curtes dominicae, dominicales, dominicatae, indominicatae u.s.f. genannt wurden. In den folgenden Zeiten wurden diese Höfe Bürge, Schlösser, Ämter, pflegen u.s.f. genannt. S. Hofhörig, Hofdienst, Hofdieb, Hofmark u.s.f.

3) Im engsten und höchsten Verstande, der Sitz eines großen Herren, des Landesherren mit Einschluß seiner Familie und seiner Bedienten, wo es wiederum unter verschiedenen Einschränkungen vorkommt. 1) Der Pallast des Landesherren, oder eines andern großen Herren; im mittlern Lat. Curtis, im Schwed. ehedem Hird, jetzt nach dem Muster der Deutschen Hof. Deine Kinder müssen Kämmerer seyn im Hofe des Königes zu Babel, Es. 39, 7. In welcher Bedeutung doch jetzt das Wort Schloß üblicher ist. 2) Der Landesherr, oder ein großer Herr selbst, dessen Familie, und vornehmste Minister; im mittlern Lat. Curtis, Curia, Franz. Cour, Engl. Court. Der Hof ist jetzt nicht hier, er ist verreiset. Wo es mit verschiedenen Vorwörtern oft ohne Artikel gebraucht wird. Bey Hofe seyn, bey Hofe leben. Eine Bedienung bey Hofe oder am Hofe bekommen. Bey Hofe wohl stehen, wohl gelitten seyn, in großem Ansehen stehen. Nach Hofe gehen, fahren. An den Hof gehen, sich mit einer Bitte an den Landesherren und dessen Minister wenden. Ich komme eben von Hofe. Den Hof verlassen. Es ist ihm der Hof verbothen worden. Dem Hofe folgen. Befehl vom Hofe erhalten. Der Kaiserliche, der Französische, der Türkische, der Spanische Hof u.s.f. Die Europäischen Höfe, d.i. Mächte. Ein königlicher, churfürstlicher, herzoglicher, fürstlicher Hof. 3) Dessen Bediente, die zu seiner persönlichen Bedienung oder Bequemlichkeit bestimmten Personen; doch nur in einigen Fällen und ohne Plural. Einem Prinzen den Hof bestellen, seine Bedienten annehmen und einrichten. Besonders gehören dahin viele Zusammensetzungen, wo der Hofstaat, d.i. die zur persönlichen Bedienung des Herren bestimmten Personen, von dem Civil- und Kriegsstaate unterschieden wird. In noch engerm Verstande bezeichnen die mit Hof gemachten Zusammensetzungen solche Personen oder Sachen, welche für die Hofleute bestimmet sind; im Gegensatze derer, welche zunächst für den Herren gehören, und alsdann mit den Wörtern Leib-, Mund- oder Kammer- zusammen gesetzet werden. Der Hofarzt oder Hof-Medicus, im Gegensatze des Leibarztes oder Leib-Medici; der Hofkoch, im Gegensatze des Leib- oder Mundkoches; die Hofkapelle, im Gegensatze der Kammerkapelle; der Hofschneider, im Gegensatze des Leibschneiders u.s.f. 4) * Eine jede feyerliche Zusammenkunft, besonders vornehmer Personen. In diesem Verstande wurden die Reichs- und Landtage ehedem häufig Höfe genannt. Einen Hof gebiethen, einen Reichs- oder Landtag ausschreiben. Ja ein jeder festlicher Schmaus führete ehedem den Nahmen eines Hofes, bey dem Kaisersberg einer Höfelung; daher hofieren ehedem auch schmausen bedeutete. Der Thurnierhof war ehedem eine feyerliche Versammlung der Thurniergenossen, so wie[1234] Schützenhof eine Versammlung der Schützenbrüder. Das mittlere Lat. Curia und das Schwed. Hof wurden ehedem in eben diesem Verstande gebraucht, der aber nunmehr, wenigstens im Hochdeutschen veraltet ist, wo man nur noch zuweilen die Versammlung eines vornehmen Dicasterii und die dazu gehörigen Personen, nach dem Muster des Franz. Cour und Engl. Court, einen Gerichtshof oder Hof schlechthin zu nennen pfleget. In dem in vielen Provinzen üblichen Worte Lehenhof, ein hohes Gericht in Lehenssachen zu bezeichnen, hat sich diese Bedeutung gleichfalls noch erhalten.

Anm. Wachter leitete dieses alte Wort von dem Angels. hiwan, bilden, her. Ihre verwirft diese unwahrscheinliche Ableitung, weiß aber doch keine bessere anzugeben. Indessen ist die Abstammung nicht schwer zu finden, zumahl da schon Frisch auf die wahre Spur gekommen ist. Der Begriff des Einschließens ist in diesem Worte der herrschende, und da siehet man bald, daß es mit dem Worte Hag sehr genau überein kommt, wo nicht vielleicht gar durch den sehr gewöhnlichen Übergang der Hauch- und Blaselaute in einander, eines aus dem andern entstanden ist. So sagen die Niedersachsen für Hagestolz auch Hafestolt, hechten für heften, Hacht für Verhaft u.s.f. Hag bedeutete ehedem einen Zaun, dann einen mit einem Zaune oder auf andere Art eingeschlossenen Platz, und endlich ein Gebäude, ein Wohnhaus, ein Landgut. S. Hag und Hägergut. In den letzten Bedeutung fing es im Deutschen nach und nach an zu veralten, vermuthlich, so wie Hof nach einer andern Mundart an dessen Stelle trat. Daß Hof ehedem auch eine Befriedigung oder Einfriedigung selbst bedeutet haben müsse, erhellet unter andern auch aus dem Nieders. Gehöfte, welches nicht nur die zu einer Wohnung auf dem Lande gehörigen und mit einer Befriedigung eingeschlossenen Gebäude und Plätze, sondern auch diese Einfriedigung selbst bedeutet. Die Latein. Cors, Cohors, und mittlern lat. Curtis und Curia, haben eine ähnliche Abstammung und kommen mit unserm Garten aus einer Quelle her, welches eigentlich einen eingeschlossenen Ort bedeutet. In Schwaben ist Gurt, nach dem spätern Latein. Curtis, ein Bauerhof. Aus allem erhellet, daß Hof, so wie Hag, mit Hafen, haften, haben u.s.f. aus Einer Quelle herstamme, zumahl da das letztere ehedem gleichfalls umschließen, einfriedigen, bedeutete. Die Niedersachsen haben das Wort in allen obigen Bedeutungen gleichfalls, sie sprechen es aber in der ersten Endung geschärft aus, Hoff, dagegen es, wenn das Wort am Ende wächset, statt des ff ein v, und statt des o im Singular ein langes a, im Plural aber ein langes ä annimmt; des Haves, Plur. de Häve. S. 1. und 2. Hafen, Haben, Hufe u.s.f.

Die Menge der mit diesem Worte in dessen dritten und höchsten Bedeutung gemachten Zusammensetzungen ist sehr groß, indem fast alle zur Bedienung des Landesherren und seiner Hofleute bestimmte Personen dasselbe mit in der Benennung ihrer Würde, ihres Amtes, oder ihres Dienstes führen. Es können daher hier nur die vornehmsten derselben angeführet werden, zumahl da die Benennung der übrigen, wenn sie kein leerer Titel ist, so wie ihr Rang und die nähere Beschaffenheit ihrer Dienste, fast an einem jeden Hofe verschieden ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1232-1235.
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