Kette, die

[1560] Die Kêtte, plur. die -n, Diminut. das Kettchen, Oberd. das Kettlein, eine Sammlung mehrerer in einer Reihe mit einander verbundener Dinge. 1. Eigentlich, wo es besonders in einigen einzelnen Fällen üblich ist. 1) Eine lange Reihe an einander hängender Berge heißt eine Kette von Bergen. Die Kette der Alpen, der Pyrenäen. 2) Mehrere bey einander, gemeiniglich in einer Reihe liegende Feldhühner, Auerhühner, Birkhühner und Haselhühner, heißen bey den Jägern eine Kette, und verderbt eine Kitte Feldhühner u.s.f. Mit einem gleichbedeutenden Ausdrucke ein Volk. 3) Bey den Kattunwebern und andern Arten von Webern wird der Aufzug oder die vermittelst des Scherrahmens mit einander verbundenen Fäden, welche den Grund des ganzen Gewebes abgeben, die Kette, und vermittelst des gewöhnlichen Überganges der Gaumenlaute in den Zischlaut der Zettel genannt. Da die Kette bey den Kattunwebern 82 bis 83 Ellen hält, so wird auch ein Stück Kattun, so wie es von dem Stuhle kommt, und ehe es in kürzere Stücke zerschnitten wird, die Kette genannt. 4) Am häufigsten, ein aus mehrern in einander geschlungenen, gemeiniglich metallenen Ringen, welche Glieder genannt werden, bestehendes Band. Eine goldene, silberne, messingene, eiserne Kette. Von der Verschiedenheit der Bestimmung, zuweilen auch der Gestalt der Glieder, bekommt sie verschiedene zusammen gesetzte Nahmen. Die Halskette, Ordenskette, Drahtkette, Panzerkette, Erbskette u.s.f. In engerer Bedeutung verstehet man darunter eiserne Ketten, dergleichen die Brustketten, Hemmketten, Haltketten, Halsterketten, Kinnketten, Spannketten, Kuhketten, Brunnenketten u.s.f. sind. In noch engerm Verstande, eine solche Kette, so fern sie die willkührliche Bewegung eines lebendigen Geschöpfes verhindert. Einen Rasenden an die Kette schließen oder legen. Einen Hund an die Kette legen. In Ketten und Banden liegen, von Gefangenen.[1560] An der Kette liegen, von Hunden und rasenden Personen. Wo es denn auch figürlich für Sclaverey, Dienstbarkeit gebraucht wird. Jemandes Ketten zerbrechen, ihn in Freyheit setzen. Zerbrich die Ketten, die dich drücken. 2. Figürlich, eine Reihe mehrerer unmittelbar an einander hängender Dinge, unmittelbar auf einander folgender und in einander gegründeter Begebenheiten. Eine Kette von Lastern, von Unglücksfällen. In der Zukunft sehe ich nichts als eine unendliche Kette sich häufender Qualen.

Anm. In der 3ten eigentlichen Bedeutung bey dem Ottfried und im Tatian Ketin, bey dem Willeram Ketene, im Nieders. Kede, Kee, im Dän. Kiäde, im Schwed. Kedja, Ked, im Irländ. Caddan, im Wallis. Chaden. Es wurde ehedem von mehrern mit einander verbundenen Dingen und der dadurch bewirkten Verwahrung gebraucht. Im alt Schwed. ist Gorkiaetta ein umzäunter Ort, Kietta ein Zaun, und bey dem Ottfried bedeutet Ketti ein Gehäge. Wer siehet nicht, daß dieses Wort nicht von dem Lat. Catena, sondern mit demselben von gatten, gaden, verbinden, herstammet. S. Gatten, Gatter, Kettel und Ketten. Das Osnabrück. Kye, eine Kette, ist durch Auslassung des t oder d entstanden, so wie dafür in Niedersachsen auch Kee, in zwey Sylben üblich ist; das gleichfalls Osnabrück. Kele aber, eine Kette, ist nur in der Ableitungssylbe verschieden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1560-1561.
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