Kette

[446] Kette, 1) Verbindung mehrer, in einer Reihe sich folgender, ringartig (rund od. auch elliptisch) geformter Körper (Kettenglieder, Kettengelenke), von denen jedes der Mittelglieder mit dem vorherigen u. dem folgenden durch Ineinandergreifen verbunden ist. Wird das erste u. letzte Glied der K. unter sich auf gleiche Art verbunden, so wird dadurch die K. zu einer geschlossenen K. od. zu einer K. ohne Ende. Die K-n sind gewöhnlich von Metall; sie werden geschmiedet, od. gegossen, od. aus Draht od. Blech verfertigt. Die gegossenen K-n[446] werden entweder aus dem Ganzen gegossen, od. man gießt die Glieder einzeln, öffnet sie u. löthet sie nach dem Ineinanderstecken zusammen. Man hat goldene, silberne, messingene, eiserne K-n, von denen die ersteren zum Schmuck u. zur Zierrath dienen; so Hals-, Ordens-, Pfeifen-, Uhrketten. Nach dem Material od. der Gestalt u. Größe der einzelnen Gelenke unterscheidet man Draht-, Panzer- u. Erbstetten u.a. Eiserne K-n gebraucht man vorzüglich beim Feldmessen (Meßkette, s.d.); in der Landwirthschaft zum Pferdegeschirr u. zu Fuhrwerken u. unterscheidet immer hauptsächlich nach dem Gebrauch, z.B. Brust-, Hemm-, Halt-, Halfter-, Kinn-, Spann-, Kuh-, Hundeketten etc.; beim Maschinenwesen u. vorzüglich bei den Bergmaschinen heißen die K-n oft eiserne Seile; bei der Schifffahrt gebraucht man große eiserne K-n, um einen Hafen od. einen Strom zu sperren, indem man sie nahe unter der Oberfläche des Wassers am Eingang des Hafens, od. quer durch den Strom ausspannt (Hafenkette, Stromkette). Bei den größten Ketten, welche im Schiffswesen vorkommen, ist in die länglichrunden Glieder ein gußeisernes Querstück, der Steg, eingesetzt u. gibt der K. größeren Halt. An Bord werden die Ketten in vielerlei Art verwendet, für den Anker statt der Kabeltaue (Ankerketten), als Kabellaring zum Lichten des Ankers, als Wanten u. Stage auf Dampfern in der Nähe des Rauchfanges, für die Dregganker auf den Raaen, um feindliche Takellage damit zu entern (s. Dregg); Ruderketten zu beiden Seiten des Steuerruders, um dasselbe an diesen aus den Angeln (Fingerlingen) zu heben, Kettenschoten, Kettentoppenants, Kettenfallen, die in der neuesten Zeiten von Eisen statt von Hanf angefertigt werden. Bei der Vaucansonschen Bandkette haben die Glieder aus Eisen- od. Messingdraht eine zweimal rechtwinkelig umgebogene Gestalt Kette; die beiden oberen Enden werden zu Öhren umgebogen u. in den mittlern Theil der nächsten Glieder eingehängt. Sie dient wie die Gelenkketten gewöhnlich zur Übertragung der Bewegung mittelst der Kettenräder (s.d.). Bei den Gelenk- od. Laschenketten sind die Glieder stabförmig, flach, an beiden Enden mit einem runden Loche versehen; durch diese Löcher steckt man zur Verbindung von zwei auf einander folgenden Gelenktheilen Bolzen hindurch. Die Gelenktheile bestehen abwechselnd aus einem u. zwei neben einander liegenden stabförmigen Gliedern, oft aber liegen deren auch fünf bis sechs neben einander, wie bei den Kettenbrücken (s. Brücke I. A) c). 2) So v.w. Fessel, s. Geschmeide 1); 3) eine Reihe gleicher Gegenstände, als Ganzes; 4) (Kettengebirg), s. Gebirgskette unter Gebirge; 5) (Volk), mehre, gewöhnlich zusammen liegende Vögel, so Reb-, Auer-, Birk- u. Haselhühner, Trappen; 6) so v.w. Gehecke; 7) eine Reihe Quadersteine an den Ecken eines Gebäudes; 8) (Aufzug, Zettel) das horizontal über den Webstuhl gespannte Garn zur Grundlage des Gewebes. Geschlossene K. nennt man, wenn der Faden des Aufzugs in einer Linie liegt; ist sie aber durch die Fußtritte in zwei Hälften getheilt, so heißt sie Gespaltene od. Offene K. Jeder einzelne Faden der K. (Kettenfaden) muß etwas länger sein, als das Stück Zeug werden soll. Um das Garn in Fäden von gleicher Länge abzutheilen, wird es von den Spulen auf eine große Winde (Scherrahmen) aufgewunden (geschert); das eine Ende der Faden wird durch die verschiedenen Kämme u. Schäfte, dann durch das Blatt gezogen u. in dem Zeugbaume befestigt (Aufbäumen) Dadurch, daß die einzelnen Kettenfäden abwechselnd durch einen anderen Kamm gezogen werden, kann nun die K. Fach machen u. der Einschlagsfaden hindurchgeschossen werden. Dabei muß aber der Weber untersuchen, ob das Oberfach sich eben so viel erhebt, als das Unterfach niedergeht (die K. abwiegen), u. wenn dies nicht der Fall ist, die Kämme höher od. niedriger hängen. Um der K. mehr Festigkeit zu geben, wird sie gesteift, u. zwar das wollene Garn mit Wasser u. Fisch- od. Tischlerleim (K. leimen), das baumwollene Garn mit einem Brei von Stärke (K. schlichten). In der Maschinenweberei hat man besondere Schermaschinen u. Schlichtmaschinen. Wird die K. behufs der Verfertigung geflammter Zeuge bedruckt, so bedient man sich dabei der Kettendruckmaschine. 9) Stück Kattun in der Größe, wie es vom Stuhle kommt; 10) (Tanzl.), s. Chaine 3); 11) (Math.), s.u. Kettenregel.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 446-447.
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