Spulen

[608] Spulen, Garn aufeine Spule aufwickeln, kommt bes. als Vorarbeit in der Weberei vor u. zwar: a) S. der Kette, wobei das Kettengarn auf 3–6 Zoll lange Spulen gewickelt wird. Man bedient sich dabei in kleineren Webereien des Spulrades, in größeren der Spulmaschine (Kettenspulmaschine). Das Spulrad ist dem Handspinnrade ähnlich; auf eine Spindel, welche durch eine Schnur ohne Ende von einem Schnurrade aus umgedreht wird, steckt man eine Spule u. leitet auf diese mit der Hand den Garnfaden, welcher sich von einem über einen Haspel gehängten Strähn abwickelt. Will man mehre Spulen zugleich wickeln, so kann die Leitung der Fäden nicht mehr mit der Hand erfolgen, sondern man muß sich dazu eines Schiebers bedienen. Das S. verrichten meist Frauen, Kinder od. Lehrlinge (Spuljungen, Spulmädchen). Die Spulmaschine bewickelt eine Anzahl Spulen zugleich. Die Strähne sind im obern od. untern Theile des Gestells in 1 od. 2 Reihen auf Haspel gelegt; für jeden Haspel steckt eine Spule horizontal od. vertical auf einer eisernen Spindel u. wird durch letztere von einem Schnurrade aus umgedreht, wodurch sich der Faden unter einer der Umdrehungsgeschwindigkeit entsprechenden Anspannung aufwindet. In einer Reihe liegen 40–48 Spulen. Der Faden läuft unmittelbar bevor er auf die Spule kommt, durch ein gläsernes od. eisernes Ringelchen (Fadenleiter, Fadenführer, Weiser); diese Ringelchen befinden sich auf einer langen Latte, welche von der Maschine regelmäßig in Richtung der Spindel hin u. her bewegt wird, damit der Faden in regelmäßig neben einander liegenden Lagen sich auf die Spule aufwickelt; bisweilen ertheilt man auch der Spule eine solche Bewegung, u. dann sind die Fadenführer unbeweglich. Will man, daß sich die Fäden stets mit derselben Spannung auf die Spulen aufwickeln, so muß man die Spulen nicht durch die Spindeln in Umdrehung versetzen, sondern durch horizontal liegende, mit Tuch bekleidete, hölzerne Scheiben, welche mit ihrem Umfange die ganz lose auf den Spindeln steckenden, unmittelbar über den Scheiben ebenfalls horizontal liegenden Spulen berühren u. diesen in Folge der Reibung ihre Umdrehung mittheilen. b) S. des Schusses, wobei das Schußgarn auf die leichten u. kurzen Schußspulen gewickelt wird, entweder auf dem Spulrade od. einer Schußspulmaschine, welche der Kettenspulmaschine ähnlich sind, aber wegen der Kleinheit der Spulen u. weil der Faden sehr regelmäßig aufgewickelt werden muß, in einigen Stücken von ihr abweichen. c) Beim Mouliniren der Seide besteht das S. (Wickeln der Seide) darin, daß man die Strähne auf hölzerne Spulen wickelt. In Italien wird dies noch häufig aus freier Hand verrichtet, indem man die an einem senkrechten Drahte aufgesteckte Spule durch Streichen mit der Hand umdreht; anderwärts bedient man sich des Spulrades od. einer Spulmaschine (Wickelmaschine). d) Das S. des Nähzwirns muß fest u. dicht u. zugleich so erfolgen, daß der Faden (Glanzzwirn) einen ziemlichen Glanz erhält; man bedient sich dabei einer kleinen Maschine, in welcher die auf eine [608] Spindel gesteckte Spule mittels einer kleinen Kurbel schnell umgedreht wird, wobei die Spindel mit einem auf ihr befindlichen Schraubengewinde abwechselnd in die eine von zwei Schraubenmuttern eingreift u. dadurch einen kleinen Hebel aus gehärtetem Stahle hin u. her bewegt, welcher mit starkem Drucke auf der Spule aufliegt u. den Faden glättet, da derselbe durch eine sein polirte Kerbe auf der Unterseite des Hebels hindurchgeht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 608-609.
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