Maschine

[939] Maschine (v. gr. μηχανή, ein größeres, zusammengesetztes Werkzeug), 1) Vorrichtung, mit welcher eine Bewegung, d.i. eine Ortsveränderung od. eine Gestaltsänderung an einem Körper hervorgebracht, also überhaupt eine Arbeit od. mechanische Leistung (s.d.) vollbracht wird. Man unterscheidet gewöhnlich [939] einfache u. zusammengesetzte M-n, bei welchen letztern mehre einfache M-n zu Erreichung desselben Zweckes verbunden sind, u. welche auch M-n im engeren Sinne genannt werden. In der Physik versteht man unter den einfachen M-n die schiefe Ebene, nebst Keil u. Schraube u. den Hebel, nebst Rolle u. Rad an der Welle, denn auf diese lassen sich alle M-n zurückführen. Nach der verschiedenen Bestimmung u. Einrichtung der M-n unterscheidet man Hebungs- u. Fortschaffungszeuge nebst den Pneumatischen od. Luftwechselmaschinen; ferner Preßzeuge u. Rammen, Mühlenwerke, Uhrwerke nebst den Wegemessern, Bergbau-, Fabrik-, landwirthschaftliche u. physikalische M-n. Die bewegende Kraft einer M. hat ihren Sitz stets in einer Substanz (Motor od. motorische Substanz). Der Motor kann ein Mensch od. ein Thier (Kraft belebter Körper) od. das Wasser, Lust, Dämpfe, das Gewicht eines Körpers, die Elasticität einer Feder (Kraft lebloser Körper) sein. Nur selten wirke der Motor unmittelbar auf den zu bewegenden Körper, wie z.B. bei Menschen- u. Thierkräften u. beim Holzflößen; in der Regel wird die Einwirkung durch ein Werkzeug vermittelt, u. dieses nebst den Vorrichtungen zu seiner richtigen u. vortheilhaften Führung bildet dann die M. Die Theile der M., auf welche der Motor seine Kraft überträgt, nennt man Kraftaufsammler od. Receptor, u. der Apparat, welcher die zweckmäßige Aufnahme der Kraft durch den Receptor u. die vortheilhafte Übertragung der Kraft auf das Werkzeug vermittelt, heißt Kraftmaschine od. Betriebsmaschine (wohl auch Motor); die Theile der M., welche für die gute Führung des Werkzeuges od. der Werkzeuge sorgt, heißen die Werkzeugmaschine od. Arbeitsmaschine; die Theile endlich, welche die Bewegung der Kraftmaschine in eine der auszuführenden Arbeit angemessene Bewegung umwandeln u. am die Arbeitsmaschine übertragen, nennt man Zwischenmaschine, Triebwerk od. Transmission. Eine vollständige M. besteht demnach aus Kraft-, Zwischen- u. Arbeitsmaschine; doch sind die Theile der Transmission oft zum Theil an der Kraftmaschine, zum Theil an der Arbeitsmaschine befindlich. An einer gewöhnlichen Mahlmühle z.B. ist das Wasserrad mit Zubehör die Kraftmaschine, die Mühlsteine nebst Zubehör die Arbeitsmaschine u. das Räderwerk zwischen beiden bildet die Transmission. Die wichtigsten Kraftmaschinen sind für größere Kräfte Dampfmaschinen, Wasserräder, Wassersäulenmaschinen u. Windräder. Die Anwendung der mathematischen, mechanischen u. physischen Lehrsätze zur Construction vollkommener Kraftmaschinen lehrt die Maschinenlehre (s.d.), wogegen behufs der Construction der Arbeitsmaschine u. behufs der praktischen Ausführung einer jeden M. auch noch technologische Kenntnisse erforderlich sind, namentlich die genaue Bekanntschaft mit dem zu bearbeitenden Stoffe, mit dem Arbeitsprocesse u. überhaupt die Kenntniß der verschiedenen Arten der M-n, ihrer Einrichtung, Anwendung u. Erhaltung, auf Erfahrung gegründet.

Bei der Construction einer M. hat man auf eine hinreichende Starke der einzelnen Theile, auf zweckentsprechende Gestalt u. Bewegung derselben, ferner auf eine geringe Abnutzung beim Betrieb, auf möglich geringen Materialaufwand u. leichte u. billige Ausführbarkeit, sowie auf eine leichte Aufstellung u. Überwachung der M. während ihrer Thätigkeit zu sehen. Das Maß der Kraftwirkung wird aber nicht blos durch die Größe der Kraft, sondern auch durch die Geschwindigkeit bestimmt, mit welcher dieselbe wirkt, od. durch den Weg. auf welchem sie in einer gewissen Zeit die ihrem Wirten entgegentretenden Widerstände überwindet. Die überwundenen Widerstände sind nun aber theils solche, in deren Überwindung eben die eigentliche Arbeit u. Aufgabe, der Zweck der M. besteht (nützliche Widerstände); theils solche, welche bei der Thätigkeit der M. durch Reibung, Stöße etc. unverweidlich sich einstellen (schädliche Widerstände). Die dem Motor innewohnende mechanische Leistung (s. d) ist der absolute Effect; schon in der Kraftmaschine geht ein Theil dieses Effectes verloren; der Theil des absoluten Effectes, welchen die Kraftmaschine auf die Transmission überträgt, heißt der Nutzeffect; wenn man den Nutzeffect durch den absoluten dividirt, so findet man den Wirkungsgrad der Kraftmaschine. Der Nutzeffekt ist nun die Leistung, welche verwendet wird zur Überwindung der Widerstände, der Last dessen, was diesem Effect entgegegenstrebt, z.B. der Schwere eines fortzubewegenden Körpers, des Zusammenhanges der zu trennenden Theile, wozu auch die Friction der einzelnen Maschinenteile gerechnet werden muß. Wie es nun nützliche (Nutzlast) u. schädliche (Nebenlast) Widerstande gibt, so gibt es auch eine Nutzleistung u. eine Nebenleistung für die Arbeitsmaschine; erstere wird bei Überwindung der nützlichen, letztere bei Überwindung der schädlichen Widerstände aufgewendet; erstere bildet den eigentlichen Arbeitseffect der ganzen M.; die Summe aus Arbeitseffect u. Nebeneffect aber gibt den Totaleffect, u. der Arbeitseffect, dividirt durch den Totaleffect gibt den Wirkungsgrad der Arbeitsmaschine. Sowohl die Arbeitsmaschine, als die Kraftmaschine, ist um so vollkommener, je mehr sich ihr Wirkungsgrad der Zahl 1 nähert. Da nun die Leistung einer M. nicht allein in der Veränderung besteht, welche sie hervorbringt, sondern auch an der Schnelligkeit, mit welcher diese Veränderung hervorgebracht wird, so folgt der Satz: was man beim Effect an Geschwindigkeit gewinnt, geht an der Last ab, u. was man an der Last gewinnt (d.h., je größer die Last ist, welche man durch die M. überwindet), das verliert man an Geschwindigkeit. Dasselbe findet auch statt bei der bewegenden Kraft; je größer ihre Geschwindigkeit ist, desto kleiner kann sie selbst sein, u. je größer sie ist, desto weniger braucht sie Geschwindigkeit zu besitzen. Auch erklärt sich daraus leicht, wie man mittelst einer M. durch eine kleine Kraft eine große Last überwinden kann, wenn nur die kleine Kraft in derselben Zeit einen großen Weg zurücklegt, in welcher die Last einen kleinen zurücklegt. Oft indessen ist es nicht Zweck der M., einen Gewinn an Kraft od. an Geschwindigkeit zu verschaffen, sondern nur eine bequemere u. günstigere Kraft zu ermöglichen; 2) überhaupt ein künstlich zusammengesetztes Werkzeug od. Ding, mit welchem die Hervorbringung od. Bereitung eines Gegenstandes bewirkt od. erleichtert wird.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 939-940.
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