Friction

[713] Friction (v. lat.), Reibung, der Widerstand, welchen feste Körper bei Bewegung auf od. gegen einander leisten. Sie beruht größtentheils auf der Ungleichheit der Oberfläche der Körper, indem die hervorragenden Theile des einen in die Vertiefungen des andern sich einsenken u. dann entweder die Erhabenheiten der Masse ihres Körpers abgerissen werden müssen, oder der eine Körper über die Unebenheiten des andern hinweggehoben werden muß. Wo solche Erhabenheiten sichtlich wahrnehmbar sind, nennt man den Körper rauh; aber auch der glatteste Körper ist dies nur relativ u. nur weniger rauh. Ohne F. würde auch bei der geringsten Senkung einer geraden Fläche ein darauf liegender fester Körper eben so abgleiten. als tropfbar flüssige Körper abfließen. Man unterscheidet[713] nach der Bewegung gleitende u. rollende od. wälnde F. A) Die gleitende F. tritt da auf, wo der bewegte Körper parallel zu der Unterlage über dieselbe hinweggeschoben wird. Hierbei ist wieder eine F. der Ruhe u. F. der Bewegung zu unterscheiden. a) Für die F. der Ruhe ist die Größe der Kraft ein Maß, welche erforderlich ist, um den ruhenden Körper auf horizontaler Unterlage in Bewegung zu versetzen; für die letztere, um ihn in gl eichm äßiger Bewegung zu erhalten. Um die gleitende F. der Ruhe von Eichenholz auf Eichenholz zu untersuchen, legt man auf ein horizontales eichnes Bret einen platten eichnen Klotz, an welchem eine über eine Rolle geführte Schnur mit einer Wagschale sich befindet. Je schwerer der Klotz ist, desto mehr Gewichte muß man auf die Wagschale legen, um ihn in Bewegung zu setzen; allein das Verhältniß zwischen diesen Gewichten u. dem Gewichte des Klotzes wird ein unveränderliches sein, u. man nennt es den Reibungscoefficienten (Frictionscoefficienten) für Eichen auf Eichen. Er beträgt bei paralleler Lage der Holzfaser 0,418, bei gekreuzter Lage 0,273. Für Eisen auf Eisen ist er 0,277, für Eisen auf Kupfer 0,170, für Kiefern auf Kiefern 0,562. Die Größe der reibenden Fläche ist, in so fern man dabei von der immer nur sehr unbedeutenden Adhäsion absieht, ohne Einfluß, so daß, wenn derselbe Eichenklotz Seitenflächen von ungleicher Größe hat, ein gleiches Gewicht zur Ueberwindung der Reibung erforderlich ist, auf, welcher Seite auch der Klotz anfliegen möge. Überdieß hat sich gezeigt, daß die Reibung der Ruhe mit der Dauer der Berührung im Allgemeinen wächst, nach gewisser Zeit aber einen höchsten Werth erlangt. Dieser Werth wird bei Metall auf Metall fast augenblicklich, bei Holz auf Holz nach einigen Minuten, bei Holz auf Metall erst nach einigen Tagen erreicht. b) Die F. der Bewegung ist bei Hölzern etwas kleiner als die F. der Ruhe, bei den Metallen dagegen ebenso groß. Sie ist, so lange sich die Körper ohne Schmiere übereinander bewegen, von der Größe der Geschwindigkeit unabhängig; unter Anwendung von Schmiere kommt allerdings die Adhäsion mit in Betracht, u. dann wächst die F. mit der Geschwindigkeit. Gleitende F. findet unter andern auch bei der Drehung von, Zapfen in ihren Pfannen, von Wagenachsen in ihren Unterlagen statt. Sie läßt sich wesen tlich vermindern, indem man durch eine zweckmäßige Schmiere die Unebenheiten der sich berührenden Körper ausfüllt; für Metall ist Öl, für Hölzer Talg das beste Schmiermittel. B) Wälzende F. findet dann statt. wenn ein cylindrischer od. kugelförmiger Körper über die Unterlage hinwegrollt. Da hierbei der schwere Körper nicht um die ganze Höhe der Unebenheiten gehoben werden muß, sondern er sich vielmehr um die Spitzen derselben dreht u. dabei der Schwerpunkt des bewegten Körpers nur sehr wenig steigt, u. zwar um so weniger, je größer der Halbmesser des sich wälzenden Körpers ist, so ist die wälzende F. immer weit kleiner als die gleitende, überhaupt aber dem Halbmesser des rollenden Körpers umgekehrt proportional, überdieß wie bei der gleitenden Last desselben direct proportional. Legt man eine zu bewegende Last in einen Wagen, so ist die wälzende F. am Umfange der Räder so gering, daß sie bei Berechnungen fast vernachlässigt werden kann; es kommt dann nur die gleitende F. in Betracht, welche die Achsen der Räder in ihrem Lagererfahren. u. diese kann durch Anwendung von Schmiere u. Glättung der Oberflächen ungemein vermindert werden. Auch ist dann der Widerstand der F. nur auf dem kurzen Wege des Umfangs der Achse zu überwinden, während die Last um eine Strecke gleich dem Umfange des Wagenrades fortgeschafft wird. Soll, wie bei manchen physikalischen Versuchen, die Reibung des Zapfens im Zapfenlager noch weiter vermindert werden, so bedient man sich der Frictionsrollen. Man legt nämlich die Achse des Rades nicht in ein festes Lager, sondern auf zwei parallele theilweise übereinander greifende Rollen, welche durch die u. mdrehung des Rades selbst in Drehung versetzt werden. so daß die F. auf die an den Achsen dieser Rollen stattfindende zurückgeführt ist. Das Vollkommenste in Betreff der Überwindung der F. hat aber Repsold an Bessels Pendelapparat geleistet Ein Stahlcylinder füllt sehr genau eine Hülse von Glockenmetall aus, welche, während der Cylinder ein wenig gehoben wird, von unten luftdicht verschlossen werden kann, so daß nachher der Cylinder ohne wirkliche Berührung der festen Wände auf den comprimirten Lufttheilchen ruht. Die F. ist nicht bloß als ein Hinderniß der Bewegung schädlich, sie ist in ungleich höherem Grade nützl ich. Ohne sie würden alle Körper bei der geringster Neigung der Unterlage herabgleiten, würden wir nicht gehen u. stehen können, würde alles unsern Händen entgleiten, wie ein Aal. Insbesondere kommt die F. beim Gebrauch der Locomotive zur Anwendung, denn da hier die Kraft nicht eine directe Zugkraft ist, sondern nur eine Umdrehung der Räder bewirkt, so kommt alles darauf an, daß die gleitende F., welche beim Schleifen der Treibräder auf den Schienen entstehen würde, größer ist als die Summe der Widerstände, welche beim Fortrollen des übrigen Wagenzuges zu überwinden sind. Daher muß der Locomotive ein bedeutendes Gewicht gegeben werden, daher müssen nicht allein stärkere, sondern auch schwerere Locomotiven angewendet werden, wenn ein schwererer Zug gezogen, oder eine größere Steigung überwunden werden soll. Eine andere Anwendung der F. ist das Bremsdynamometer od. der Pongsche Zaum, welcher dazu dient, um die Leistung einer Maschine zu bestimmen. Die F. macht sich ferner als Wärme erzeugendes Princip wichtig, ebenso zu Erzeugung der Elektricität, in organischen Körpern aber zu Erhöhung der Lebensthätigkeit überhaupt, bes. in thierischen Organismen zu Erhöhung der Sensibilität u. Irritabilität, weshalb sie auch in Krankheits- u. Schwächezuständen eines der wirksamsten Erregungsmittel ist (s. Reiben). Die physikalischen Gesetze der F. sind besonders von Coulomb u. von Morin studirt worden; der Apparat, dessen sie sich bedienten, heißt Tribometer (Frictionsmesser, Frictionsmaschine)

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 713-714.
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