Achse

[86] Achse, 1) (Math.), eine gerade Linie, die eine Figur od. einen Körper in der Mitte durchschneidet. Dergl. A-n sind: a) A. einer krummen Figur, jede Gerade, welche die krumme in 2 congruente u. auf beiden Seiten derselben ähnlich liegende Theile theilt. In der Parabel z.B. gibt es nur eine; die Ellipse u. Hyperbel aber haben. 2 A-n, eine Haupt- od. große, u. eine kleine od. conjugirte A.; bei der ersten geht die große durch das Centrum u. die beiden Brennpunkte, die kleine steht im Centrum auf der großen senkrecht. Der Kreis hat unzählig viele A-n; nicht alle Curven haben A-n; b) A. der Abscissen, die in der Ebene einer Curve liegende Gerade, auf welcher die Abscissen zu dieser genommen werden. Eine durch den Anfangspunkt der Abscissen mit den zugehörigen Ordinaten parallel gezogene Gerade heißt die A. der Ordinaten. Wenn alle unter sich parallelen Durchschnitte eines geometrischen Körpers mit einer Ebene ähnliche Figuren sind, u. die Mittelpunkte dieser alle in Einer geraden Linie liegen, so heißt diese gerade Linie c) A. des Körpers; so haben A-n die Kugel, der Kegel, der Cylinder, die Ellipsoiden u. a., u. werden von einer, durch diese A-n gedachten Ebene meist in 2 gleiche Theile getheilt. 2) (Mechan.), jede körperliche Gerade, die unverändert in Einer Lage bleibt u. um welche Körper Kreise beschreiben. Dergl. A-n sind: a) die A. am Rade, s. Rad an der Welle; b) A. der Bewegung, die Linie, um welche alle Theile einer andern geraden od. krummen Linie, od. einer Fläche od. eines Körpers sich im Kreise bewegen. Alle Theile u. Punkte dieser Achslinie sind als solche unbeweglich; dabei kann jedoch die Achslinie mit allen übrigen um sie beweglichen Dingen in einer anderweitigen Bewegung sein. c) A. der Schwingung (Oscillation), eine Gerado, um welche ein Pendel od. die Unruhe der Uhr in Kreisbogen in jeder ihm angewiesnen Lage od. Neigung hin u. her sich bewegt, od. Schwingungen macht. Diese Linie steht stets senkrecht auf der Ebne, in welcher die Schwingungen geschehen; d) A. der Schraube, die Gerade, um welche sich die Gänge der Schraube winden; e) A. der Wage, ein dreiseitiges Prisma, od. ein Keil, dessen untre scharfe Kante durch den Schwerpunkt der Schwerebene des Wagebalkens senkrecht hindurchgeht, u. um welche der Wagebalken mit allen angehängten Dingen, sich in der Schere der Wage auf- u. niederschwingt, od. auf welcher er im Gleichgewicht ist. 3) (Optik): a) die optische A. ist die Gerade, auf welcher im dioptrischen od. katoptrischen Fernrohre die Mittelpunkte der krummen Flächen der sämmtlichen Gläser u. Spiegel liegen; analog dem ist die. Sehachse, vgl. Augenachse; b) Brechungs- u. Einfalls-A., in der Dioptrik die auf ein brechendes Mittel gefällte Senkrechte, auf welche der Einfalls- u. gebrochene Strahl bezogen wird, s. Einfallsloth. 4) (Phys.): a) die magnetische A. ist die Richtung eines Magnets, mit welcher sich derselbe bei freier Beweglichkeit in die Richtung des magnetischen Meridians einstellt; b) elektrische A., bei gewissen unsymmetrischen Krystallen die Richtungen, an deren Extremen bei Erwärmung od. Erkältung elektrische Anhäufungen stattfinden; 5) A. (Astron.), die von einem Pole der Himmelskugel od. eines kugelförmigen Weltkörpers zum andern gedachte Gerade, um welche jene scheinbar od. dieser wirklich rotirt. Bei elliptischen Bahnen der Planeten u. deren Monde unterscheidet man eine große A., bei einem Planeten die das Perihelium mit dem Aphelium verbindende Gerade; u. eine kleine A., welche durch den Mittelpunkt der großen geht u. auf dieser senkrecht aufsteht. Die großen A-n aller Planetenbahnen bleiben durch alle Zeiten unveränderlich; 6) (Fuhrw.), A. des Wagens, der Körper, um welche das Rad herumgeht. Jede A. besteht aus einem viereckigen Stücke in der Mitte derselben (Mittel-A.) u. aus 2 kegelförmigen Fortsetzungen an deren Enden (Ach ssch enkel), an welche die Räder befestigt werden; der Ort, wo die Achsschenkel in die Mittel-A. übergehen u. das Rad aufhört, heißt der Stoß. Hölzerne A-n werden von eichnem Holz gemacht, u. gewöhnlich ist eine 1–2 Zoll starke eiserne Schiene unten in dieselben der Länge nach eingelassen (Achseisen), die obere Fläche der Achsschenkel, zur Vermeidung der Reibung, mit besondern Achsschenkelblechen beschlagen u. jeder Schenkel an seinem vordern Ende mit einem eisernen Achsschenkelringo eingefaßt. Eiserne A-n sind, da sie weniger leicht brechen, länger dauern u. das Fahren erleichtern, bei Kutschen, Postwagen, Locomotiven, Eisenbahnwagen, Geschützen jetzt allgemein gewöhnlich. Sie sind in ein Stück Holz, Achsfutter, eingelassen u. damit mittelst eiserner Achsbänder verbunden, vor u. hinter jedem Rad befinden sich an ihnen die eisernen Achsscheiben gegen die Reibung. Minder haltbar sind die A-n, wo die Mittel-A. von Holz, die Schenkel von Eisen sind. Wenn ein Achsschenkel von hölzernen A-n wegbricht, so wird eine Nothachse, eine Mittel-A. mit einem Achsschenkel mittelst Knebel u. Stricken, unmittelbar hinter der eigentlichen A. befestigt, nachdem vorher die Ueberreste des gebrochnen Schenkels abgeschnitten worden sind. Auch hat man bewegliche A-n, wo an den Schenkeln eine Art Charniere angebracht sind, u. beim Lenken sich die A. dreht, folglich das Unterkriechen der Vorderräder vermieden wird; 7) A. der Seele, die durch die Mitte der Geschützröhre gedachte gerade Linie; so wie A. des Schiffs, die durch den Schwerpunkt des Schiffs der Länge u. Breite nach gezognen Linien.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 86.
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