Zweck

[758] Zweck, ist die Vorstellung eines Erfolges, insofern derselbe als durch absichtliche Thätigkeit erreicht od. erreichbar gedacht wird, od. das, um dessen willen etwas Anderes geschieht u. gethan wird. Der Begriff des Z-s wurzelt also ganz u. gar in dem bewußtvollen Denken u. Wollen u. in der Möglichkeit durch dieses Wollen Wirkungen hervorzubringen. Ein Wollen u. Thun ist zweckmäßig, in sofern es darauf angelegt ist, durch eine längere od. kürzere Reihe von Mittelgliedern einen im Voraus gedachten u. gewollten Erfolg zu realisiren. Zwecklos ist das, was ohne Beziehung auf einen Z. geschieht; zweckwidrig, was der Erreichung eines Z-s hinderlich ist. Alles, was zur Erreichung eines Z-s dient, ist ein Mittel für diesen Z.; insofern die Erreichung eines bestimmten Z-s selbst wieder Mittel werden kann für die Erreichung eines anderen Z-s, unterscheidet man höhere u. niedere, übergeordnete u. untergeordnete Z-e; Nebenzwecke nennt man solche, welche durch die für einen andern, den Hauptzweck angewendeten Mittel zugleich mit erreicht werden; der Z., auf welchen sich alle Reihen zweckmäßiger Thätigkeit in letzter Instanz beziehen od. beziehen sollen, um dessen willen also alles Andere begehrt u. erstrebt wird, er selbst aber um keines Andern willen, ist der Endzweck, der höchste od. letzte Z. Da die menschlichen Bedürfnisse u. Begehrungen sehr verschiedenartige u. sich mannigfaltig durchkreuzende Z-e als Mittel- u. Zielpunkte des menschlichen Überlegens u. Handelns entstehen läßt, so drängt sich in der Auffassung der menschlichen Lebensverhältnisse die Frage nach der Bedeutung, dem Gewicht u. dem Werth dieser Z-e auf. Die wichtigste Unterscheidung ist hier die zwischen absoluten (schlechthin gültigen) u. relativen (nur bedingterweise gültigen), sittlich werthvollen, sittlich gleich gültigen u. sittlich verwerflichen Z-en. Aus diesem Grunde hat man an die Spitze der Sittenlehre häufig die Frage nach dem höchsten Z-e, welcher zugleich das höchste Gut (Finis bonorum, Summum bonum) sein würde, gestellt. Wo dieser höchste Zweck in die den sittlichen Ideen angemessene Thätigkeit gesetzt wird, versteht es sich von selbst, daß der Satz: der Z. heiligt das Mittel, d.h. zur Erreichung eines sittlichen Z-s darf man sich sittlich tadelnswerther Mittel bedienen, verwerflich ist. Wird der Zweckbegriff auf die Natur übertragen, so ist es nur dann möglich seine wahre Bedeutung festzustellen, wenn man die Zweckmäßigkeit der Natur als den gewußten u. gewollten Erfolg einer absichtlich wirkenden Intelligenz betrachtet, vgl. Zweckmäßigkeit. Über die sogenannten frommen Z-e, s. Milde Stiftungen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 758.
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