Spindel

[556] Spindel, 1) langer dünner Körper; 2) (Handspindel), hölzernes Werkzeug zum Spinnen, rundgedreht, etwa 12 Zoll lang, in einer Entfernung von 3 Zoll vom unteren Ende etwa 1/23/4 Zoll dick u. von da aus nach beiden Seiten hin in eine Spitze auslaufend; knapp unter der dicksten Stelle sitzt eine zinnerne od. eiserne Scheibe (der Wirbel od. Wirtel) von 1 Zoll Durchmesser, welche den gleichförmigen Umschwung der S. befördert. Das Spinnmaterial wird an einen hölzernen Stock (den Rocken) gebunden, welchen die Spinnerin neben sich stehen hat, od., wenn sie im Gehen spinnt, in den Gürtel steckt; die linke Hand zieht die Fasern aus u. ordnet sie zum Faden; die Spinnerin knüpft denselben an die S., dreht dann die S. mit den Fingern der rechten Hand an der schlankeren oberen Spitze u. zuletzt wirst sie die S. drehend noch ein Stück fort; hierdurch wird ein längerer Faden aus dem Rocken herausgezogen u. gedreht od. gesponnen. Nun fängt sie die S. mit Hülfe des Fadens wieder auf, windet den Faden auf den dickeren Theil der S., oberhalb des Wirbels auf, verschlingt ihn mit einer einfachen Schleife u. spinnt auf die angegebene Weise ein neues Stück Faden, bei dessen Aufwindung die erste Schleife geöffnet wird. Als noch reiche Frauen spannen, war die S. auch von kostbarem Stoffe, z.B. von Elfenbein gemacht. 3) Ähnliches Werkzeug an dem Spinnrade u. den Spinnmaschinen; dient zur Erzeugung des Fadens, welcher oft auch auf die S. aufgewunden wird, in welchem Falle man den entstehenden Garnwickel Kötzer od. ebenfalls S. nennt; 4) (Vogels.), so v.w. Leimruthen; 5) an einem Thurme der spitz zulaufende Balken, welcher den Thurmknopf trägt; 6) so v.w. Welle, daher oft so v.w. Haspel, Göpel u. dgl.; 7) bei einer Wendeltreppe die runde, vier-, sechs- od. achteckige Säule, um welche sich die Stufen winden; 8) bei Schneckenhäusern die kleine Säule, welche durch den übereinander gewundenen Gang entsteht; 9) so v.w. Schraube im Gegensatz zur Schraubenmutter; 10) die stählerne Welle, welche die Unruhe einer Unruhuhr trägt. Man macht sie von vierkauligem Draht (Spindeldraht); auf ihr sitzen die zwei kleinen Spindellappen von Stahl, welche in die schrägen Zähne des kronenartigen Steigrades eingreifen u. so auseinander stehen, daß sie einen Winkel von ungefähr 100 Grad machen; S. u. Steigrad zusammen bilden die Spindelhemmung) oben ist ein wessingener Putzen auf die S. aufgesetzt, in welchem die Spiralfeder u. das Schwungrad der Unruhe befestigt werden; 11) das Eisen, womit der Holm mittelst einer Schraube an der Zugstange befestigt ist; 12) das geschmiedete Eisen an der Zugstange eines Pumpwerkes, welches im Schlitz des. Schwengels durch den Stecknagel mit dem Schwengel verbunden ist; 13) bei Lehmformen eiserne od. hölzerne Stangen, über welche die Lehmkerne geschlagen u. in der Drehlade mittelst Schablonen abgedreht werden; 14) die Drehachse der Drehbank, s.u. Drechsler; 15) ein dünner, eiserner Cylinder an der Buchdruckerpresse, s.d.; 16) ein Stängel, bes. der Nelken, wenn er zum Blühen in die Höhe treibt (spindelt); 17) (Bot.), der Hauptstiel einer Ähre; 18) (Anat.), so v.w. Speiche; 19) ein Theil der Schnecke, s.u. Ohr S. 242; 20) (Herald.), so v.w. Weck, s.u. Schild II. A) t); 21) (Math.) so v.w. Sphärisches Zweieck; 22) schraubenförmige Röhrchen aus Draht, aus denen die Stecknadelköpfe gemacht werden; vgl. Spinnen 4); 23) englisches Baumwollengarnmaß, 1 S. = 18 Schneller = 15,120 Yards; 24) englisches Streichwoll- u. Leinengarnmaß, 1 S. = 2 Stück = 4 Strähne = 48 Gebinde = 5760 Fäden = 14,400 Yards.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 556.
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